Wenn Spanien Katalonien die Freiheit gewährt, erntet es dafür wahrscheinlich stabile politische Verhältnisse.

19. Jänner 2018 / 09:00 Uhr

Katalonien-Konflikt: Innerspanische Machtverschiebung

Die katalonischen Parlamentswahlen im Dezember 2017 wurden zwar von den Separatisten gewonnen, stärkste Einzelpartei in Katalonien wurden jedoch die Ciudadanos (in Katalonien auch Ciutadans genannt). Sie wurden zum eigentlichen Sammelbecken der Nicht-Katalanen (primär Kastilier), vor allem jenen, die in den vergangenen Jahrzehnten wegen des wirtschaftlichen Wohlstandes nach Katalonien zugezogen sind, und der Minderheit der katalanischen Unionisten. Im neuen katalanischen Parlament (135 Sitze) sind 36 von 40 harten Gegnern eines unabhängigen Kataloniens Ciudadanos. Ihre Anführerin ist die Zentralspanierin Inés Arrimadas, Tochter eines Polizeioffiziers, der aus beruflichen Gründen nach Katalonien versetzt wurde und unter General Francisco Franco zuletzt Provinzgouverneur war.

Ciudadanos – innerspanischer Sieger

Die Ciudadanos sind damit innerspanisch die offensichtlichen Sieger des Katalonienkonfliktes. Rajoys harte Haltung durch Anwendung von Artikel 155 der spanischen Verfassung, mit der er die demokratisch gewählten Gremien Kataloniens entmachtete, das katalanische Parlament auflöste und die katalanische Regierung absetzte, deren Minister sogar zum Teil einsperrte, brachte ihm keinen Gewinn. Im Gegenteil. Die Ciudadanos übertrumpften ihn im Kampf gegen die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen sowohl in harten Worten als auch in der Forderung nach harten Maßnahmen.

Die jüngsten Umfrageergebnisse, wonach Ciudadanos sich auf 26,2 Prozent verdoppelt, der PP auf 24,7 Prozent abstürzt, der PSOE bei 24 Prozent und Podemos bei 14,7 Prozent auf niedrigem Niveau landen würden, werfen die Frage auf, was Rajoy und seinem PP die harte Linie gegen Katalonien bringt. Ebenso die Frage, was es für die politische Stabilität bringt, dass Katalonien bei Spanien bleiben soll.

Ohne Katalonien hätte Rajoy die absolute Mehrheit

Ohne Katalonien hätten seit 1982 immer klare Verhältnisse geherrscht. Auch das Ergebnis der Parlamentswahlen von 2016 macht es deutlich. Ohne Katalonien würden Rajoys PP (131 Sitze) und die Ciudadanos (27 Sitze) im spanischen Parlament über eine absolute Mehrheit verfügen. Die beiden “Schwesterparteien” sind sich zwar noch nicht ganz grün, aber eine Annäherung scheint möglich. Die Regierung wäre dann nicht mehr der Stimmenthaltung des PSOE ausgeliefert.

Die Alternative, eine Große Koalition der beiden nicht mehr ganz so großen Volksparteien, kommt in Spanien für PP und PSOE (noch) nicht in Frage. Setzt Madrid den Konflikt mit Katalonien fort, ist Spanien wahrscheinlich weiter denn je von stabilen politischen Verhältnissen entfernt.

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