Die Affäre rund um die Wohnbauvereinigung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (WBV-GÖD) bringt den Wiener SPÖ-Vorsitzenden Michael Ludwig immer weiter unter Druck. Innerhalb der SPÖ soll sich bereits einiger Unmut breitmachen, wie Parteikenner berichten. Der Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens schildert, dass es möglich wäre 100 Millionen Euro aus der Genossenschaft herauszulösen.
Aktuelle Lage
Die WBV-GÖD beschäftigt Behörden, Politik und Medien seit mehreren Monaten. Grund sind nicht genehmigte Anteilsabtretungen an das Umfeld Michael Tojners. Die Involvierung des Letzteren wurde vom umstrittenen Eigentümer der Genossenschaft – Christian Hosp – offiziell bestritten. Emailverkehr, der der Tageszeitung ,Die Presse’ vorliegt, bescheinigt allerdings die unmittelbare Rolle des streitbaren Immobilienzaren. Demnach hat er geplant, den ehemaligen Wiener SPÖ-Stadtrat und früheren Klubobmann im Rathaus, Rudolf Schicker, einen Sitz im Aufsichtsrat des Unternehmens zukommen zu lassen. Er solle helfen, an Wohnbauförderung zu kommen.
Die Prüfer des im Zuge des Immobiliendeals eingeschalteten Revisionsverbandes bescheinigen dem neuen Eigentümer unterdessen, ein Angehöriger des Baugewerbes zu sein. Zunächst scheint das wenig dramatisch – doch ist es diesem Personenkreis untersagt, eine gemeinnützige Wohnbauvereinigung zu besitzen. Stefan Gregorich, der Aufsichtsratsvorsitzende der WBV-GÖD und langjährige Sozialdemokrat, konfrontiert seinen Genossen Michael Ludwig unterdessen mit Vorwürfen: “Die Stadt sieht einfach weg und opfert die soziale Substanz, die mit Steuergeld errichtet wurde.” Tatsächlich war der Kauf für die Investoren um Tojner ein Geschäft: Sechs Millionen Euro wurden für 3.000 Wohnungen bezahlt, wie ,Die Presse’ recherchierte. 100 Millionen Euro wären zu lukrieren, erläutert Gregorich: “Etwa indem ein anderer Investor an unseren Bauträger schlechte Grundstücke überteuert verkauft.” Derartige Begehrlichkeiten sollen bereits bestanden haben.
Anhaltende Kritik an Ludwig
Die Reaktionen der Politik fallen deutlich aus. “Die Bewohner haben diese Unsicherheit nicht verdient. Ich bin froh, dass das Regierungsprogramm derartige Vorgänge für die Zukunft ausschließen wird. Hier zeigt sich, wohin sozialistische Wohnpolitik wirklich führt”, zeigte sich FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus betroffen. Auch Wiens freiheitlicher Vizebürgermeister Dominik Nepp meldete sich angesichts der dramatischen Vorgänge zu Wort:
Die Wiener Sozialdemokratie ist dabei, ihre wohnpolitische Glaubwürdigkeit zu verspielen. Michael Ludwig muss ein eindeutiges Zeichen für die Gemeinnützigkeit und gesetzeskonforme Eigentümer setzen.
Alfred Wansch, Vorstandsvorsitzender des ,Österreichischen Mieterschutzringes – Wien’ sieht die Gefahr einer zweiten BUWOG herannahen: “Der Mieterschutzring bietet als bauträgerunabhängige Mieterschutzorganisation den betroffenen Mieterinnen und Mietern gerne Beratung und Unterstützung an.” Kalmierende Stellungnahmen der SPÖ-nahen Mietervereinigung kann er nicht nachvollziehen.
Kritik von allen Seiten
Auch die NEOS sparen nicht mit Kritik am Verhalten Michael Ludwigs angesichts der eindeutigen Stellungnahmen des Revisionsverbandes und der Wirtschaftsministeriums. Sie fordern wie die FPÖ die Rückabwicklung der Transaktionen. Die WBV-GÖD selbst will auf eine gesetzeskonforme Eigentümerstruktur hinwirken, wie sie in einer Pressemeldung bekanntgab. Die Echtheit des kritisierten Schriftverkehrs mit Michael Tojner wurde seitens der Genossenschaft offiziell bestätigt.