Nehmen wir einmal folgendes Szenario an: Im Festsaal des Wiener Rathauses wird gerade das Jubiläum “500 Jahre Stadt Wien” gefeiert. Ein Schriftsteller hält die Festrede und räumt – ziemlich pietätlos – mit der Vergangenheit roter Politiker auf. Er fordert, dass man die Särge beziehungsweise Urnen der rechtskräftig verurteilten Sozialisten Franz Olah, Bruno Kreisky oder Leopold Gratz im Gefängnis bewachen soll, damit sie nicht wie Phönix aus der Asche steigen und womöglich noch mehr Unheil anrichten.
Standard reagiert ganz sonderbar
Wetten, dass sich die (linken) Gesinnungsjournalisten auf diesen Festredner stürzen und ihm tagelang über Artikel und Kommentare ausrichten würden, wie daneben er sich bei Feierlichkeiten einer Stadt benommen hätte?
Geht es aber gegen den früheren Landeshauptmann Jörg Haider, reagiert vor allem der Standard ganz sonderbar. Da wird nicht Schriftsteller Josef Winkler für sein pietätloses Verhalten kritisiert, sondern die FPÖ, weil sie sich über den “Hassprediger” mokierte und – wegen Verhetzung einer Gruppe – bei der Staatsanwaltschaft anzeigte.
Urne von Haider in bewachte Gefängniszelle
Winkler, extra von Klagenfurts SPÖ-Bürgermeisterin Maria Luise Mathiaschitz als Festredner eingeladen, sagte im Rahmen der offiziellen Jubiläumsfeier zu “500 Jahre Stadt Klagenfurt”, die Urne von Jörg Haider müsse in eine bewachte Gefängniszelle verlegt werden. Er begründete diese ziemlich wirre Forderung damit, dass Haider sonst wie Phoenix aus der Asche emporsteigen und für ein blaues Wunder sorgen könnte.
Strafanzeige wegen Verhetzung
Dem nicht genug, bezeichnete Winkler – immer noch in dieser Festrede – die Politiker der FPÖ pauschal als “Verbrecher” und “Gauner”. Das brachte Winkler nun eine Anzeige des Kärntner FPÖ-Chefs Gernot Darmann ein: “Es wird eine Strafanzeige gegen Josef Winkler nach dem Paragraph 283 Strafgesetzbuch wegen Verhetzung geben,” so Darmann in einer Pressekonferenz. Gegen eine ganze Gruppe zu hetzen, sei nämlich strafbar.
Möhring: “Medien- und Intellektuellenhetze”
Die Präsidentenin von “Reporter ohne Grenzen Österreich”, Rubina Möhring, sieht das im Standard nicht so. Vielmehr meint sie in ihrem Blog-Beitrag, “die FPÖ schlägt mit Medien- und Intellektuellenhetze um sich”, und schreibt weiter:
Sind wir also wieder so weit. Die schreibende Zunft soll wieder vor den Kadi gezerrt werden, vielleicht geht sich ja sogar eine Haftstrafe aus.
Dazu muss gesagt werden, dass Frau Möhring – bewusst oder unbewusst – nicht erwähnt, dass die FPÖ die Anzeige nicht wegen den Angriffen Winklers auf den toten Jörg Haider gemacht hat, sondern aufgrund jener Verhetzung Winklers, dass alle Politiker der FPÖ “Verbrecher” und “Gauner” seien.
Autorin vermischt Verhetzung und Morde
So genau nimmt es Rubina Möhring beim Versuch, die FPÖ so darzustellen, als würde sie den Schriftstellern an den Kragen gehen wollen, ohnehin nicht. In ihrem Beitrag vermischt sie einiges und schreckt auch nicht davor zurück, die Morde an der Jornalistin Daphne Galizia auf Malta und Ján Kuciak in der Slowakei in ihr Pamphlet zu packen. So, als würde das auf gleicher Ebene stattfinden wie die Verhetzungsanzeige der FPÖ gegen Winkler.
Da fehlen einem nur noch die Worte.
SPÖ-Politiker rechtskräftig verurteilt
Und zur Ergänzung sei eines noch erwähnt: Im Gegensatz zu Jörg Haider wurden die SPÖ-Politiker Franz Olah (1969, ein Jahr “schwerer Kerker” wegen widmungswidriger Verwendung von Gewerkschaftsgeldern), Bruno Kreisky (1989, Geldstrafe, weil er Simon Wiesenthal als Nazi-Kollaborateur bezeichnete) und Leopold Gratz (1993, 450.000 Schilling Gelstrafe wegen falscher Zeugenaussage im Rahmen der Lucona-Affäre zugunsten seines zwischenzeitlich wegen sechsfachen Mordes verurteilten Freundes Udo Proksch) allesamt rechtskräftig verurteilt. Und diese Liste der SPÖ-Politiker ist bei Gott nicht vollständig.