Realpolitiker und ÖGB-Präsident Katzian will verhandeln, nicht streiken und marschieren.

24. Juli 2018 / 13:00 Uhr

Arbeitszeit: ÖGB-Boss Katzian kehrt an den Verhandlungstisch zurück

Keine Rede ist mehr von Protestmarsch oder Streik, der Regierungssturz und die Pflastersteine sind wieder in die marxistische Mottenkiste gepackt, wenn man ein Standard-Interview mit dem amtierenden Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB), Wolfgang Katzian, liest. Das vor wenigen Wochen noch als Weltuntergang proklamierte neue Arbeitsflexibilisierungsgesetz (“12-Stunden-Tag”) wird jetzt nur mehr in altem Gewerkschaftspragmatismus als Grundlage für eine Verhandlungsmasse mit den Arbeitgebern bewertet.  

Katzian gibt sich streichelweich

Katzian, nicht nur ÖGB-Präsident sondern auch langgedienter SPÖ-Abgeordneter kennt die Realpolitik nur allzu gut, und er weiß, dass die Österreicher für einen linken Klassenkampf zu sehr wenig Verständnis haben. Deshalb setzt er lieber auf die im Herbst anstehenden Lohnverhandlungen mit den Arbeitgebern, um auf dieser Grundlage vor allem auch seine eigene Institution und Funktion zu rechtfertigen:

(.) Wenn wir da oder dort etwas lahmlegen, dann sorgt das vielleicht für Aufsehen, ändert aber nichts an einer Tatsache: Das Parlament hat das Gesetz mit einer Mehrheit beschlossen, das kann ich nicht einfach in die Luft werfen. Also müssen wir zu verhindern versuchen, dass die Auswirkungen bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ankommen. Wir richten den Scheinwerfer auf jene, die das Gesetz bestellt haben: Unternehmer und die Industrie. Für die Besteller ist jetzt Zahltag. Es kann nicht sein, dass die Arbeitnehmer nichts kriegen. (.)

Katzian: Keinen Arbeitskampf aus Jux und Tollerei

Katzian gibt sich sogar bei der Sozialpartnerschaft und ihrer Zukunft pragmatisch, und will sie nicht “herbeiweinen”.  Und er kann sogar damit leben, wenn es sie nicht mehr gibt. Einen Arbeitskampf aus Jux und Tollerei werde es nicht geben, das sei das letzte Mittel, wie der gegenüber dem Standard erklärt:

(…)In vielen Betrieben funktioniert die Sozialpartnerschaft nach wie vor, und auf Branchenebene schließen wir 450 Kollektivverträge pro Jahr ab. Wenn es um die politische Ebene geht: Ich kann und werde die Sozialpartnerschaft nicht herbei weinen und werde auch damit leben, wenn es sie nicht mehr gibt. Ohne Gespräche mit uns wird der Weg des Dialogs verlassen. Damit sind wir dann beim Arbeitskampf und bei Protesten auf der Straße. Das machen wir nicht aus Jux und Tollerei, weil wir oft genug bewiesen haben dass wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Aber wir können es und werden es tun, wenn es keinen anderen Weg gibt.(…)

Für ÖGB-Funktionäre, die den Sturz der Regierung vom Podium herab lauthals fordern, ist im Umfeld von Katzian offensichtlich derzeit kein Bedarf.

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