Mit neun Schuldsprüchen und einem Freispruch ging der erste Prozess rund um die Unregelmäßigkeiten bei der Bundespräsidenten-Stichwahl 2016 zu Ende. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Die Vorgänge bei mehreren Wahlbehörden hatten vor zwei Jahren zur Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl geführt. Damals warfen die Medien der FPÖ, die die Unregelmäßigkeiten aufgedeckt hatte, vor, schlechte Verlierer zu sein – und jetzt gab das Gericht der FPÖ Recht.
Freispruch für freiheitliche Beisitzerin
Der Prozess befasste sich mit den Vorfällen in Villach. Dort hatte der Abteilungsleiter des Melde- und Standesamtes die Briefwahlauszählung am Wahltag und am Tag danach mit Hilfe seiner Mitarbeiter durchgeführt. Dabei war jedoch kein einziges Mitglied der Bezirkswahlbehörde anwesend, was Manipulationen Tür und Tor öffnet.
Die Mitglieder der Wahlbehörde gaben sogar an, dass sie bei der Auszählung dabei gewesen wären, und unterschrieben das entsprechende Protokoll. Lediglich die Beisitzerin der FPÖ kritisierte, dass dieses Protokoll fehlerhaft sei. Sie beharrte damals auf einen Aktenvermerk, was im Prozess zum Freispruch führte.
Hohe Geldstrafen für verlogene Mitglieder der Bezirkswahlbehörde
Alle anderen acht Mitglieder der Bezirkswahlbehörde wurden zu empfindlichen Geldstrafen wegen falscher Beurkundung im Amt verurteilt. Zwischen 5.400 und 9.000 Euro bewegt sich der Strafrahmen, Villachs roter Bürgermeister Günther Albel wurde sogar zu einer noch höheren Geldstrafe verurteilt. Der Abteilungsleiter fasste schließlich 14.000 Euro Geldstrafe und fünf Monate bedingter Haft aus. Er machte sich laut Gericht der Amtsanmaßung, Beweismittelfälschung und falschen Beweisaussage schuldig. Er hatte sogar vor dem Verfassungsgerichtshof als Zeuge unrichtig ausgesagt.
“Tätigkeiten nicht bagatellisieren”
Richter Christian Liebhauser-Karl erklärte in seiner Urteilsbegründung, dass es “ein ganz schlechtes Zeichen wäre, wenn man Ihre Tätigkeit bagatellisieren würde”. Und weiter:
Wenn die Bevölkerung nicht darauf vertrauen kann, dass eine Wahl ordnungsgemäß abgewickelt wird, dann ist die Anerkennung der Autorität eines Staates grundsätzlich infrage zu stellen.
Nach der Bundespräsidenten-Stichwahl hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen rund 250 Beschuldigte in circa 20 Wahlbehörden ermittelt. Der Prozess in Klagenfurt war der erste im Zuge der Wahlunregelmäßigkeiten, ob und wann weitere folgen, steht derzeit noch nicht fest.