Wie schon mehrfach berichtet, ist das Rennen um Bündnisse und Kandidatenplätze für die EU-Wahlen 2019 angebrochen.
Obwohl jede Partei sich nach außen gelassen gibt, positionieren sich die einzelnen Kandidaten innerparteilich mit entsprechender Härte. Traditionell werden Posten im EU-Parlament entweder als Ausgedinge oder als Verschubbahnhof für Politiker betrachtet, die im Inland nicht mehr tragbar sind oder den dortigen Bossen gefährlich werden könnten. Jedenfalls messen die Parteien dem EU-Parlament wenig Bedeutung zu – wie es ja auch der Realität entspricht.
Ernst Strasser seinerzeit bevorzugt
Anders die Politiker in Brüssel – sie halten sich allesamt für unentbehrlich und sehr wichtig. Allen voran das Urgestein Othmar Karas, EU-Parlamentsabgeordneter der ÖVP seit 1999 und glühender EU-Träumer. Da kann es dann schon passieren, dass er sich seinerzeit 262 Euro Taggeld für Anwesenheiten bei EU-Parlamentssitzungen sicherte, die nachweislich ohne ihn stattfanden.
Karas möchte jedenfalls wieder als Spitzenkandidat antreten, so wie seinerzeit bei den EU-Wahlen 2009. Damals war ihm aber Ernst Strasser vorgezogen worden. Bei den EU-Wahlen 2014 klappte es dann aber: Karas ging erstmals als Spitzenkandidat der ÖVP in den Wahlkampf – allerdings ohne deren Parteiabzeichen. Damit zeichnete er im Grunde nur den erfolgreichen Kurs von Kanzler Sebastian Kurz vor, der sich ja auch jeglicher Parteienverbindungen entledigt hatte. Mit dem Unterschied, dass Kurz damit erfolgreich war, während Karas ein Minus von drei Prozent einfuhr.
Karas´ bürgerlicher Links-Kurs
Inhaltlich steht das Protektionskind Othmar Karas seit jeher für den linken Parteiflügel der ÖVP. Ihm ist sogar der rote Hans Niessl zu rechts. So kritisierte er Anfang Juli, dass Burgenlands Landeshauptmann auf Straches Spuren wandere.
Im Rennen für das Bundespräsidentenamt warf sich Karas mit einer solchen Vehemenz für den Grünen Van der Bellen ins Zeug, wie er es noch nie für einen Schwarzen getan hatte. Auch für den roten Heinz Fischer stand Karas immer parat, unabhängig davon, dass Fischer seinerzeit mitspielte, als man gegen seinen Schwiegervater Kurt Waldheim kampagnisierte.
Köstinger im Mutterglück
Offiziell will sich die ÖVP erst Ende des Jahres auf ihre Kandidaten festlegen. Als mögliche Spitzenkandidatin wird die EU-erfahrene Umweltministerin und enge Vertraute von Sebastian Kurz, Elisabeth Köstinger, genannt. Doch die hält vorerst ihre junge Familie für wichtiger als das machtlose EU-Parlamentsmandat ohne Rückfahrschein.
Liste Karas/Mlinar?
Karas und die EU-hörigen ÖVP-Granden schätzen die Wahrscheinlichkeit hoch ein, dass Karas wieder ins Europaparlament einzieht. Und weil selbst in der ÖVP die EU-Skepsis immer mehr zunimmt, scheint sich Karas doch nicht mehr so sicher zu sein, wieder nominiert zu werden. Daher munkelte man vor wenigen Wochen, Karas könnte gemeinsame Sache mit Angelika Mlinar von den NEOS, die für ihre Partei nicht mehr antreten will, machen. Eine solche Allianz wäre eine klare Botschaft: links in der Gesellschaftspolitik und 100 Prozent EU-hörig.
In Anbetracht, dass Brüssel fern ist, vielleicht gar kein unkluger Schachzug für Sebastian Kurz: ein Wadelbeißer weniger.