Christian Kerns Abgang konnte nicht schlechter sein. Aufgrund des minutenlangen Sirenengeheuls – es gab den im Oktober üblichen Probealarm – musste seine Stellungnahme um eine Viertelstunde verschoben werden. Der einstige Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende gab jedenfalls seinen endgültigen Rücktritt aus der Politik bekannt. Bis zum 24. November will er alle seine Funktionen zurücklegen und einen Schlussstrich als Berufspolitiker ziehen: “Ich bin nicht ganz unfroh darüber, es ist ein Maß an Erleichterung.” Die anfangs noch groß verkündete Spitzenkandidatur bei der EU-Wahl ist damit ebenfalls Geschichte.
Genug von Intrigen
Die Europawahl sei die Schlacht der Schlachten und Kern habe feststellen müssen, dass es als ehemaliger Regierungschef nicht möglich sei anzutreten. Innenpolitisches Klein-Klein-Versinken, Intrigen und die Diskussion um Posten sprach der einstige SPÖ-Chef an und meinte damit vor allem seine Partei. Es gäbe immer ein paar Leute, die zur Zeitung rennen. “Nach dieser Zeit ist mein Bedarf nach all dem innenpolitischen Spiel begrenzt, nach all den Intrigen. Ich komme nicht aus diesem politischen System, ich bleibe nicht in diesem politischen System.” Kern wolle auch kein Schatten sein, der über der neuen SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner stehe.
Wird Kern zum Haselsteiner?
“Ich war 20 Jahre in Unternehmen. Ich freue mich dieses Leben zurückzubekommen”, so Kern, der aber dennoch als Privatperson seinen Beitrag gegen “Rechts” leisten wolle. Wird er zum “Haselsteiner II”?
Wie auch immer. In der Rolle als Oppositionspolitiker konnte sich der Quereinsteiger Kern, der in leitender Funktion bei den ÖBB und dann als Bundeskanzler Karriere machte, nicht zurechtfinden. Eine Spitzenposition hat sich der gescheiterte Politiker offenbar auf EU-Ebene erwartet. Der SPÖ hat der “einstige Messias” nun einen Scherbenhaufen hinterlassen.