Nachdem der Prototyp des Mainstream-Journalisten, Claas Relotius, der “Fake News” überführt werden konnte, kommen immer mehr unangenehme Wahrheiten für die abgehobene Welt der Journalisten zutage. So soll, wie der Spiegel aktuell berichtet, Relotius seine Stellung als hochangesehener Journalist auch dazu genützt haben, Leser als Spender für seine Protagonisten zu gewinnen. Das Geld sei dann aber auf seinem Privatkonto gelandet.
Überhäuft mit Preisen
Relotius war der am meisten ausgezeichnete Journalist der Mainstream-Presse der jüngeren Vergangenheit. Sogar der Österreichische Zeitschriften- und Fachmedien-Verband verlieh dem Nachwuchsjournalisten einen Preis. 2012 erhielt er den Förderpreis des Österreichischen Zeitschriftenpreises für seine Profil-Geschichte “Die größten Verbrecher sind oft die kultiviertesten Persönlichkeiten”.
Ausbilder für Journalistennachwuchs
Relotius gab sein politisch-journalistisches Credo auch gerne an die künftige Generation an Journalisten weiter. So war er Gastvortragender am Universitätslehrgang für Journalismus und PR, zusammen mit Peter Resetarits vom ORF.
Und die Botschaft an den Journalistennachwuchs war klar: Wer das Weltbild der Mächtigen bestätigt, steht bald auf der Bühne, wird ausgezeichnet und hofiert.
Flüchtlingsgeschichten, um Kritiker zum Schweigen zu bringen
Der nun entlarvte Journalist beherrschte es perfekt, die Wahrheit in seinen Reportagen im Sinne des linken Mainstreams zu verbiegen. So brachte er 2015 die rührende Flüchtlingsgeschichte heraus, wonach ein Flüchtling aus Syrien 1.000 Euro auf der Straße gefunden habe und das Geld umgehend der deutschen Polizei übergab. Gerade diese Geschichte rief viele Nachahmer auf den Plan. So viele Geldbörsen, wie in der Folge auf Deutschlands Straßen gefunden und abgegeben wurden, hatte es in der Vergangenheit nicht gegeben. Doch die Botschaft war klar: Diese Geschichte sollte die Kritiker an der Flüchtlingsinvasion hintanhalten und ihnen moralisch den Wind aus den Segeln nehmen.
Mutmaßlich Fall von Korruption
Nun gibt sein letzter Arbeitgeber an, dass der 33-Jährige möglicherweise auch Spendengelder veruntreut habe. Der Spiegel berichtet, Leser hätten sich gemeldet, die von Relotius privatem E-Mail-Account einen Spendenaufruf erhalten hatten, um “Waisenkindern in der Türkei zu helfen”. Das Geld sollten die Leser dann auf sein Privatkonto überweisen.
Relotius Spendenaufruf stand mit der Reportage “Königskinder” in Zusammenhang, die in der Ausgabe 28/2016 erschien. Sie handelte von syrischen Geschwistern, die als Waisenkinder auf der Straße in der Türkei lebten. In dem Sammelband “Wellenschlagen” berichtete Relotius über den Ausgang seiner Spendenaktion. Demnach habe er “in mühevoller, monatelanger Arbeit die Kinder zu einer Ärztefamilie nach Niedersachsen habe bringen können, die die beiden adoptiert habe.”
Der Wahrheitsgehalt beider Geschichten wird nun bezweifelt. Unklar ist, wie viele Leser gespendet haben, wie viel Geld zusammengekommen und was damit passiert sein könnte.
Relotius als Einzelfall?
Dass ein beträchtlicher Teil seiner Reportagen gefälscht war, legte das Nachrichtenmagazin, bei dem er zuletzt gearbeitet hatte, am 19. Dezember selbst offen. Seine Journalistenkollegen sprangen zwar nicht ihm, aber dem System umgehend zur Seite und erklärten Relotius zum berühmten “Einzelfall”. Peter Huth, Chefredakteur der Welt am Sonntag, etwa schreibt: “Der Betrug, den Claas Relotius begangen hat, ist einzigartig.” Doch daran darf berechtigt gezweifelt werden. Relotius, der vielgerühmte Star unter dem Journalistennachwuchs, war das gezüchtete Produkt des Establishments, aalglatt, moralinsauer und politisch-korrekt. Und damit bestimmt kein Einzelfall.