Demokratisch, kritisch, polemisch und selbstverständlich parteilich

Harald Vilimsky gab dem Magazin “Freilich” ein ausführliches Interview. Wir bringen einen Auszug.

15. Mai 2019 / 14:35 Uhr

Harald Vilimsky: Wir brauchen Europa für Frieden, Freiheit und Wohlstand!

Das Magazin Freilich hat in seiner aktuellen Ausgabe ein ausführliches Interview mit dem FPÖ-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl 2019, Harald Vilimsky, geführt. Unzensuriert bringt einen Auszug davon.

Herr Vilimsky, Sie selbst – wie auch die FPÖ insgesamt – haben in Bezug auf Europa immer ein sehr kritisches Image. Vereinfacht gesagt: Man redet über die EU meistens negativ. Was ist für Sie überhaupt Europa?

Harald Vilimsky: Europa ist ein alter Kontinent mit einer Vielfalt großartiger Kulturen, die allesamt eine unikate Bedeutung haben und die auch – in ihrem kompletten Pluralismus – eine Zukunft haben sollen. Wir als FPÖ waren die erste Europapartei in Österreich: Unser Modell war das eines Europas vom Atlantik bis zum Ural, auf Basis von Charles de Gaulles Vorstellung eines Europas der Vaterländer. Wir haben erst ab Maastricht begonnen, eine kritische Haltung einzunehmen, das hat sich dann fortgesetzt mit Lissabon. Beides manifestiert eine zunehmende Zentralisierung in der EU. Jetzt haben wir in Österreich im Regierungsübereinkommen festgelegt, dass das Ziel heißt: weniger Kompetenzen in Brüssel, mehr in Österreich. Und das ist der richtige Weg.

Ganz persönlich gefragt: Wo rangiert für Sie als Patriot Europa?

Eben als mein Kontinent. Ich empfinde mich jetzt nicht primär als Europäer, sondern primär als Österreicher, bin aber auf diesem Kontinent politisch tätig – und mein Ziel als Europapolitiker ist es, ein bisschen mitzuhelfen, nicht nur das eigene Land und die eigene Kultur, sondern all diese großartigen Kulturen, die es in Europa gibt, zu bewahren.

Aus den bürgerlichen Medien vernimmt man, dass Sie von einer Fraktion träumen, die 120 bis 170 Abgeordnete stark sein soll.

Wir wissen nicht, ob wir die ENF aufrechterhalten oder eine neue Fraktion gründen sollen. Es gibt aus allen drei EU-kritischen Fraktionen politische Kräfte, die wissen, dass wir nur durch den Zusammenschluss eine wirklich große Druck-Kulisse errichten können. Es gibt bei den Reformkonservativen, die jetzt von britischen Tories und den Polen dominiert werden, viele davon. Es gibt in der Fraktion, in der Nigel Farage sitzt, ebenfalls etliche davon, wobei das eigentlich eh nur eine Nigel-Farage-Fraktion ist, und auch aus der ENF. Aber keiner kann so knapp vor Wahlen eine neue Fraktion ins Leben rufen, weil das ein zu großer Aufwand wäre und auch nicht sichergestellt wäre, dass wir bis zur Wahl arbeitsfähig sind. Daher wollen wir eine Dramaturgie entwickeln bis zum Wahltag, dass wir Vertreter aus allen drei Fraktionen zusammenschließen, das der Öffentlichkeit präsentieren und andere rundherum einladen. Wie schnell da etwas entsteht und wer da alles dabei sein kann, hängt auch von Dingen ab wie der Frage, ob Großbritannien nun austritt. Weil: Wenn die Tories weiterhin die Reformkonservativen dominieren, kann möglicherweise nicht die Geschwindigkeit aufrechterhalten werden, die wir glauben, an den Tag legen zu können. Es ist Viktor Orbán aufs Spielfeld getreten, halb zumindest, der mag auch Dinge ändern. Und wie dann eine große Fraktion aussieht – ob da zum Beispiel Italiener und Polen oder Ungarn an der Spitze stehen -, das werden die kommenden Wochen und vor allem die Wahlergebnisse zeigen. Aber das jetzt schon mit Sicherheit vorhersagen zu wollen, wäre unseriös, und das mag ich nicht. Ich hatte seinerzeit ja angekündigt, nach Brüssel zu gehen und diese Fraktion zu errichten – das ist mir gelungen. Der nächste Schritt wäre, sie mindestens zu verdoppeln und zu verbreitern. Ich bin bester Dinge, dass mir auch das gelingt.

Die europäische Rechte wäre mit solch einer Fraktion dann ja zweitstärkste Kraft im EU-Parlament .

Wie ich das erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt habe, gab es nur Häme und Lächeln – und dann hat jemand nachgerechnet. Im Magazin Politico stand zu lesen: Ja, wir würden tatsächlich Zweitstärkste werden, wenn man das aktuell hochrechnet. Aber wir müssen trotzdem noch abwarten, wie die Wahl tatsächlich ausgeht und ob die Briten austreten. Sie müssen sich vorstellen, dass – wenn Großbritannien austritt – Labour aus der europäischen Sozialdemokratie verschwindet. Dann gibt es die offene Frage, inwieweit die Tories weiterhin die Reformkonservativen anführen, oder auch nicht. Denn dann hätte auch die Fraktion Gravität, und die Frage eines großen Zusammenschlusses gilt es vielleicht jetzt anders zu beurteilen, als wenn die Tories nicht dabei wären. Dies sind alles Dinge, die offen sind. Nichtsdestotrotz, es gibt einen Wunsch nach Einigung bei allen beteiligten Seiten. Wie es in letzter Konsequenz konkret aussehen wird, kann man erst nach der Wahl und nach Vorlage eines Ergebnisses seriös vorhersagen.

Was ist Ihre Meinung zu Partnerschaften und dem Ein?uss der Amerikaner in Europa? Sie arbeiten ja gerne mit osteuropäischen Ländern zusammen, besonders wenn es um den Nahen Osten oder das Vorfeld gegen Russland geht.

Was mir in der Anfangsphase Donald Trumps gefallen hat, war, dass er sich als Weltpolizist zurücknehmen und den Einfluss der USA in anderen Ländern reduzieren wollte. Und was ich Österreich und auch Europa empfehlen würde, wäre, sich zwischen den beiden Großmächten USA und Russland zu positionieren und nicht eine Politik zu betreiben, wonach der eine – Putin – ein Halbkrimineller ist und der andere – Trump – ein halber Clown. Beides stimmt nicht, und Putin wie auch Trump sind gewählte oberste Repräsentanten und verdienen mehr Respekt auch auf europäischer Ebene, als wir ihnen angedeihen lassen. Europa als eigenständigen Spieler zwischen diesen beiden Interessenlagen zu positionieren, das gefiele mir am besten.

Erfordert dieses Positionierung zwischen den beiden globalen Großmächten nicht eine Stärkung Europas als Struktur per se?

Es würde schon helfen, wenn die handelnden Personen ausgetauscht wären. In Österreich, das praktizieren wir auch als FPÖ, schlagen wir uns auf keine Seite. Allerdings heißt es einerseits, wir seien die Putin-Freunde, andererseits, wir hätten Kontakte in die USA. Was sind wir also? Wir sind diejenigen, die sich in alle Richtungen versuchen, die sich mit gleicher Distanz und richtiger Freundschaft positionieren. Wir waren auch in China, in Peking, haben dort Gespräche geführt, da ging es um das Seidenstraßenprojekt. Vor eineinhalb Jahren durfte ich bei einem Besuch in Peking unseren Obmann vertreten. Und genau so sollte es sein, dass die EU nicht moralisierend in alle Richtungen tätig wird, sondern zur Kenntnis nimmt: Wir sind von anderen einflussreichen Mächten umgeben. Genauso sind wir eine Interessensgemeinschaft und sollten Ziele anstreben, die zum wechselseitigen Vorteil gereichen

Europawahlen sind nicht die Lieblingswahlen der Bevölkerung. Wie bringen Sie ihre Themen an den Mann?

Tatsächlich ist es so, dass bei diesen internationalen Wahlen das geringste Interesse herrscht. Wahrscheinlich erstens, weil Europa, Brüssel, die Institutionen allesamt weit weg sind, zweitens, weil natürlich dort debattiert wird, was für viele nicht zugänglich ist, und man die unterschiedlichen Spieler aufgrund sprachlicher Differenz auch nicht ausreichend beurteilen kann. Doch diesmal kann es anders sein, denn diesmal geht das Fenster auf für eine Veränderung. Das war bei der letzten Wahl noch nicht offen, da ging es darum, ein Bündnis zu schmieden, Gegendruck zu entwickeln – jetzt sind da Salvini, Orbán, Polen, was in Österreich sich tut, in Deutschland, in Frankreich, da gehen weitere Fenster auf. Wie weit sich alles öffnet, liegt am Wähler: Ob wir das weiter aufstoßen können und quer durch Europa ein wirklich machtvolles Ergebnis haben, um auch dieses Asylchaos weitestgehend zu redimensionieren, oder ob die andere Seite, die Seite von Merkel, Macron, Juncker und Co. da die Oberhand behält – das muss der Wähler entscheiden.

Das gesamte Interview können Sie in der aktuellen Ausgabe des Freilich-Magazins lesen.

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