Bundeskanzler Sebastian Kurz hat es bei seiner Rede am vergangenen Samstag anlässlich der Aufkündigung der Koalition mit der FPÖ bereits provokant anklingen lassen: Er zielt auf eine absolute Mehrheit für die ÖVP bei den kommenden Wahlen ab, um seine “Reformpolitik” ungestört weiterführen zu können, da die FPÖ dies nicht “könne”, die SPÖ seine inhaltliche Politik nicht mittrage und die anderen Parteien zu klein seien. Doch auch Kurz ist Realist und weiß, dass es so einfach dann doch nicht werden wird.
Linke Medien spekulieren über ÖVP-Neos
Selbst wenn es Kurz gelingen sollte, Zugewinne für die ÖVP bei einer Neuwahl einzufahren, wird er von einer absoluten Mehrheit weit entfernt bleiben. Womit sich bei einem möglichen Wahlsieg die nun noch schwierigere Suche nach einem (oder mehreren) Koalitionspartnern stellen würde.
Während eine Neuauflage der “Verlierer-Koalition” Schwarz-Rot/Rot-Schwarz unwahrscheinlich erscheint, könnten die Neos eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Bei der “liberalen” Partei handelt es sich ja immerhin um ein Projekt linker ÖVP-Abtrünniger, die nun ihre Chance auf eine Regierungsbeteiligung wittern. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass der bisherige Großspender der Neos, Hans-Peter Haselsteiner, aus Rache an der FPÖ noch mehr Geld in die Partei pumpt, um dieser zu Zugewinnen zu verhelfen.
Haselsteiner zahlt – und die Neos parieren
Und auch linke Medien wie der Standard spekulieren bereits über ein solches Szenario. Mit hohen Zugewinnen sowohl bei der ÖVP als auch den Neos könnte sich rein rechnerisch eine Koalition ausgehen. Kurz hätte mit der Kleinpartei überdies einen willfährigen Steigbügelhalter, der dem Kanzler im Gegensatz zur FPÖ nicht die “Show” stehlen würde.
Doch Kurz pokert hoch. Von den in einem Vierteljahrhundert insgesamt vier durch die ÖVP ausgelösten Neuwahlen, ging diese zwei Mal als Verlierer hervor. Die FPÖ ist wiederum aus der Sprengung der Koalition geeinter denn je hervorgegangen und hat der ÖVP bereits den Kampf erklärt.
Rückkehr der Grünen?
Eine andere Frage bleibt freilich, ob die Grünen bei den anstehenden Neuwahlen eine Rückkehr in den Nationalrat schaffen werden (und ob sich die Liste Jetzt darin halten wird können). Die linke Medienwelt Österreichs spekuliert darüber seit Bekanntwerden des Koalitions-Endes jedenfalls schon euphorisch. In der ORF-Live-Berichterstattung zur Regierungskrise am Samstag wurde Grünen-Chef Werner Kogler sogar schon als Vertreter einer Oppositionspartei angekündigt, obwohl sich die Grünen in keiner parlamentarischen Opposition mehr befinden.
So manch anderer Journalist träumt zudem schon von einer Regierungsbeteiligung der Grünen, sollten ÖVP und Neos keine Mehrheit nach der Wahl zusammenbekommen, also von Türkis(-Schwarz)-Rosa-Grün.
Nach den Wahlen nicht auszuschließen: @sebastiankurz Kanzler, Meinl-Reisinger @BMeinl Vizekanzlerin, Kogler @WKogler Finanzminister. Das wär mal was! Türkis-Pink-Grün, wohl die einzige Mehrheit außer Groko
– Thomas Mayer (@TomMayerEuropa) 18. Mai 2019
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