Medial wird berichtet, dass in Oberösterreich eine Prüferin Deutschtests manipuliert haben soll. Negative Tests sollen so zu einem positiven Ergebnis geworden sein, wofür die Prüferin von ihren Prüflingen auch bezahlt worden sein soll. Ausländer sollen somit die Kriterien für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft erfüllt haben, was in Wirklichkeit nicht der Fall gewesen wäre. Vom “Österreichischen Integrationsfonds” (ÖIF) heißt es, dass der Fall aus dem Jahr 2016 stamme und seither die Tests versiegelt würden und sicher seien.
Verdachtsfälle in Wien
Soweit so gut! Allerdings stellte unzensuriert aufgrund eines anderen Falls im August letzten Jahres eine Medienanfrage an den ÖIF. Wie unzensuriert zugetragen wurde, füllen Prüflinge ihre Ergebnisse mit Bleistift aus. Solche Kreuzerl könnten leicht ausradiert und geändert werden. Ein Werbe-Video eines Instituts in Wien Ottakring zeigt sogar die Anwendung eines Bleistifts. Der ÖIF bestreitet auch gar nicht, dass ein Bleistift zum Einsatz komme. Damals hieß es in einer Reaktion auf eine Medienanfrage:
ÖIF-Prüfungen sind die einzigen Prüfungen in Österreich mit gesetzlich festgeschriebener Qualitätssicherung. Dies ist auch im §1 Abs. 2-8 der Integrationsvereinbarung (IV-V) 2011 und seit Oktober 2017 im §1 Abs. 2-6 der Integrationsvereinbarung (IV-V) 2017 so verankert. 2017 verzeichneten wir 20.162 Teilnehmer/innen.
ÖIF-Prüfungen werden österreichweit ausnahmslos von je zwei ÖIF-zertifizierten Prüfer/innen (Vieraugen-Prinzip) abgenommen, die zur Prüfungsabnahme in die Kursinstitute gehen. Unmittelbar zum Prüfungsende wird die Prüfungsmappe mit sämtlichen Prüfungsunterlagen von den ÖIF-Prüfer/innen mit einer Sicherheitsverschlussmarke versiegelt und unterschrieben. Kein Institut, an dem ÖIF-Prüfungen durchgeführt werden, hat die Möglichkeit, ausgefüllte Prüfungsunterlagen einzusehen bzw. zu verändern.
Die Prüfungsauswertung erfolgt entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (vgl. “Prüfungsstandards für die Durchführung der Integrationsprüfungen”, Anlage C, Integrationsvereinbarung-IV-V 2017) ausnahmslos im zentralen Prüfungszentrum des ÖIF. Dort werden die Ergebnisse aller Teilnehmer/innen (2017: 20.162 Teilnehmer/innen an Prüfungen) maschinell erfasst und anschließend kontrolliert. Damit diese automatisierte Erfassung möglichst fehlerfrei passieren kann, müssen sichtbare handschriftliche Korrekturen, Streichungen etc. auf den Prüfungsbögen möglichst vermieden werden. Ein nicht radier- bzw. korrigierfähiges Schreibmaterial (z.B. Kugelschreiber) würde zu einer Vielzahl unterschiedlicher Korrekturformen führen und die korrekte automatische Ergebniserfassung im zentralen Prüfungszentrum des ÖIF behindern.
Die automatische Ergebniserfassung ist eine Vorgabe des Testentwicklers für ÖIF-Prüfungen, der “Telc-GmbH”, welche unter anderem auch die Integrationsprüfungen für das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entwickelt hat.
Eine Veränderung der Prüfungsbögen nach Ende der Prüfungen ist aufgrund des oberhalb dargelegten Prüfungsabnahmeprozesses nicht möglich. Der ÖIF gewährleistet so eine faire Prüfungsabnahme unter strengsten Qualitätskriterien.
Wenngleich der ÖIF garantiert, dass ein Vieraugenprinzip einen Betrug unmöglich machen würde, so überzeugte das den Informanten, der sich an unzensuriert gewendet hatte, nicht. “Ich habe den Test beim ersten Antreten nicht geschafft, obwohl ich sicher bin, dass ich genug Punkte gehabt hatte. Andere Teilnehmer, die faktisch kein Wort Deutsch können, haben auf Anhieb bestanden. Da stimmt was nicht. Die haben sich die positiven Tests gekauft”, meinte er damals. Unzensuriert verfolgte die Sache vorerst nicht weiter. Nachdem aber nun in Oberösterreich ein Fall publik wurde, erscheint der Verdachtsfall in Wien veröffentlichungswürdig.
MA 35 prüfte offenbar erneut
Der Informant, der übrigens erst beim zweiten Anlauf den Test bestanden hatte, berichtete, dass er und viele andere Teilnehmer von der Stadt Wien eine Vorladung bei der MA 35 erhalten hatten, wo sie erneut – überraschend unangekündigt – einen schriftlichen Deutschtest bei einem PC absolvieren mussten. Der Informant, der trotz seiner albanischen Wurzeln faktisch fließend Deutsch spricht, hat den Test bestanden. Ob die anderen Teilnehmer auch so erfolgreich waren? Angeblich haben nur 16 der 50 bestanden. Das Ergebnis wurde vom Computer sofort angezeigt.
Dass bei Deutschtests betrogen werden könnte, dürfte nicht nur ein oberösterreichisches oder Wiener Phänomen sein. Auch in der Bundesrepublik Deutschland gibt es Verdachtsfälle.