Zwar deuten die Umfragen immer noch auf Platz eins hin, aber eines wird immer deutlicher: Der EU-Wahlkampf der ÖVP holpert extrem. Maximal 30 Prozent werden den Schwarz-Türkisen zugebilligt. Geht’s um die Nationalratswahl kämen Kurz und Co. zumeist auf 35 Prozen.
Allen Wählern recht getan.
Dabei war die Strategie aussichtsreich: Othmar Karas, der glühende Eurokrat, sollte die eher linken, schwarzen ÖVP-Fans halten und ihre Abkehr zu den Neos verhindern. Karoline Edtstadler hingegen, die von Innenminister Herbert Kickls harter Asylpolitik im Innenministerium profitiert, sollte als Kandidatin der Regierung jene Wähler erneut mobilisieren, die die türkise ÖVP 2017 auf den ersten Platz gewählt hatten.
.ist eine Kunst, die niemand kann
Doch wer unter den – übrigens mit Hochdruck beworbenen – Botschaften des ÖVP-Spitzenduos in den sozialen Medien die Kommentare liest, der muss den Erfolg dieser Strategie der politischen Beliebigkeit bezweifeln. Unter Karas-Postings schreibt sein Zielpublikum, man könne ihn nicht wählen, weil seine Partei mit der bösen FPÖ gemeinsame Sache mache. Edtstadler muss sich anhören, dass ihre Partei unwählbar sei, wenn sie einen Othmar Karas erneut nach Brüssel schicke.
Wer geht in die ORF-Duelle?
Hektisches Taktieren ist die Folge. Noch immer nicht entschieden ist die Frage, wer von den beiden die wichtigen ORF-Duelle bestreiten wird. Gegen den FPÖ-Spitzenmann Harald Vilimsky deutet nun alles auf Edtstadler, denn die ÖVP-Strategen müssen befürchten, ihre 2017er-Wähler Richtung FPÖ zu verlieren, wenn Karas allzu deutlich macht, dass er mit der beliebten Regierungslinie nicht das Mindeste gemeinsam hat.
Kommt Edtstadler als EU-Kommissarin.
Nicht überraschend kommt angesichts der Lage auch das Gerücht, dass Edtstadler Österreichs Platz in der EU-Kommission einnehmen könnte und somit nach der Wahl eine deutlich wichtigere Rolle spielen werde als der unbeliebte Karas. Problem dabei: Das kann Kanzler Sebastian Kurz nicht garantieren, selbst wenn er sich dem EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) noch so sehr anbiedert. Die Zusammenstellung der EU-Kommission ist üblicherweise ein ziemlich unwürdiger Abtausch von Positionen nach zahlreichen “Kriterien” – von Parteizugehörigkeit über Herkunft bis hin zum Geschlecht und bald vielleicht auch der sexuellen Orientierung der Bewerber.
.oder geht sie gar nicht nach Brüssel?
Die von der ÖVP gestreute Botschaft, Edtstadler werde fix in der Kommission landen, nährt im Gegenteil Zweifel, ob die Staatssekretärin im Innenressort überhaupt nach Brüssel geht. Denn ein Sessel im EU-Parlament wäre politisch ein Abstieg gegenüber dem Regierungsamt in Wien. Für den Kommissars-Posten hingegen müsste sie gar nicht kandidieren. Hier kann die Regierung jeden und jede nominieren.