Die aktuelle Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden ehemaligen Verteidigungsministern Hans Peter Doskozil (SPÖ-Verteidigungsminister zwischen Jänner 2016 und Dezember 2017) und Mario Kunasek (FPÖ-Verteidigungsminister zwischen Dezember 2017 und Mai 2019), wer von den beiden nun die Schuld am Budgetdebakel des Bundesheeres zu tragen habe, ist in Wahrheit nur ein Stellvertreterkrieg.
Ohne Bundeskanzler geht beim Heer gar nichts
Wie man schon des Öfteren auf unzensuriert nachlesen konnte (“Verteidigung: Wenn der Bundeskanzler nicht will, dann geht für das Bundesheer fast gar nichts“), wird in der politischen Realität in Österreich die Höhe des Verteidigungsbudgets in erster Linie durch den Bundeskanzler unter eingeschränkter Mitwirkung des Finanzministers festgelegt. Der Verteidigungsminister hat bei der Festlegung der Höhe des Verteidigungsbudgets eine ähnliche Durchschlagskraft wie eine Mozartkugel. Einem Verteidigungsminister bleibt danach nur noch die undankbare Aufgabe, rechtfertigen zu müssen, warum es für das Bundesheer nicht mehr Geld gibt.
FP-Kunasek stand unter VP-Kurz auf verlorenem Posten
Doskozil hatte es damals als Verteidigungsminister etwas leichter als Kunasek, da der Bundeskanzler unter seiner Ministerschaft auch der SPÖ angehört hatte. Kunasek war von vornherein auf verlorenem Posten, da der Bundeskanzler von der ÖVP gestellt wurde und man im Koalitionspakt einen eisernen Sparkurs für Nebenaufgaben (=Landesverteidigung) festgelegt hatte, um die großen Brocken Steuerreform und Nulldefizit umsetzen zu können.
Trendwende durch Regierungsauflösung leider gestoppt
Schuld an der Misere des Bundesheeres ist Kunasek sicher nicht, er hat einen Trümmerhaufen übernommen – siehe dazu unseren Beitrag “Zehn Jahre SPÖ-Verteidigungsminister: Fast zehn verlorene Jahre” -, und er hat in der kurzen Zeit seiner Ministerschaft versucht, eine Trendwende zum Positiven zu schaffen. Die Aussichten dafür standen gut, jedoch unterbrach das jähe Ende der Regierungszusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ diesen Umkehrprozess. Der de facto politische Stillstand bis zur Einsetzung der nächsten demokratische gewählten Bundesregierung tut dem Bundesheer auf jeden Fall nicht gut.