Immer mehr ÖVPlern gefällt der Vorschlag von Industriellen-Vereinigung-Chef Georg Knill, die Österreicher fünf Jahre länger arbeiten zu lassen. Gestern, Donnerstag, hielt auch der Wiener Ex-ÖVP-Chef Bernhard Görg eine Brandrede fürs Arbeiten bis 70 Jahre.
Menschen in Büros sollen länger arbeiten
Görg, wie er selbst verriet, Genießer einer Luxus-Pension, konnte in der ServusTV-Sendung „Talk im Hangar 7“ der Aussage von Knill in der „ZIB2“ am Mittwoch viel abgewinnen. Zwar sollten nicht Spengler oder andere, die körperlich hart arbeiten, später in Pension gehen, sondern die vielen Menschen, die zum Beispiel in Büros tätig seien und sich körperlich nicht anstrengen müssten.
“Brunnenvergifter” der Koalitionsgespräche
Görg, 83, war einer der „Brunnenvergifter“ der Koalitionsgespräche zwischen FPÖ und ÖVP. Der ehemalige, ziemlich unscheinbare Wiener Vizebürgermeister (1996 bis 2001) warnte damals vor der Gefährlichkeit des FPÖ-Chefs Herbert Kickl – und zwar aus folgendem Grund: „Kickl ist nicht erpressbar“.
Wie berichtet, bezog sich Görg bei seiner kuriosen Aussage auf die Europapolitik. Ungarns Viktor Orbán, der slowakische Regierungschef Robert Fico und früher Polen wären erpressbar gewesen mit dem Entzug von EU-Geldern. Als Nettozahler habe ein Bundeskanzler Kickl bei Verhandlungen mit Brüssel deutlich bessere Karten, hielt Görg fest.
“Bashing” gegen ältere Arbeitnehmer
Den Vorschlag des Alt-Politikers Görg, Menschen zu längerer Arbeit zu verpflichten, wies die freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch als „völlig realitätsfremd“ zurück. Wenn Knill und Görg meinten, dass man das Antrittsalter auf 70 anheben könne, dann sei das „nicht nur völlig realitätsfremd und zynisch, sondern auch eine Form von Bashing älterer Arbeitnehmer in neoliberaler Manier“.
Als Chef der Industriellenvereinigung sollte sich Knill vielmehr damit befassen, wie jungen Menschen durch steuerliche Vergünstigungen ein rascherer Einstieg ins Berufsleben ermöglicht werden könne, oder Langzeitarbeitslose und ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung gehalten werden könnten, sagte Belakowitsch.
Mit 50 Jahren Langzeitarbeitslos
Tatsächlich sind bundesweit ein Drittel der Langzeitarbeitslosen über 50 Jahre alt, ein Viertel älter als 55. Diese Zahlen zeigen, dass ältere Arbeitnehmer keine Jobs mehr finden und schon Jahre vor dem regulären Pensionsantritt mit 65 Jahren beim AMS landen. Statt eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters zu fordern, sollten sich die ÖVP-Politiker daher lieber Maßnahmen überlegen, wie Menschen länger gesund im Erwerbsleben verbleiben können.