Wien-Simmerings SPÖ-Bezirksvorsteher Thomas Steinhart musste in einem Facebook-Posting bekanntgeben, dass wegen „dringender Sanierungsmaßnahmen“ die Balkone im Gemeindebau Thürnlhof-Siedlung gesperrt werden müssen.
Wohnpolitische Bankrotterklärung
Das ist der Höhepunkt einer dramatischen Entwicklung in der Stadt Wien, die bei der Sanierung älterer Gemeindebauten seit vielen Jahren hinterherhinkt. Zuletzt hatte auch der Rechnungshof einen massiven Sanierungsstau kritisiert. Tatsächlich weisen drei Viertel (!) der 220.000 Wiener Gemeindewohnungen Sanierungsbedarf auf, der Sanierungsstau im Gemeindebau beträgt demnach mittlerweile rund zehn Milliarden Euro. „Das ist eine wohnpolitische Bankrotterklärung“, sagte FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp in einer Aussendung.
Auf Missstände aufmerksam gemacht
Die Thürnlhof-Siedlung in Simmering (Thürnlhofstraße 21-23, erbaut 1969/70) ist das beste Beispiel, wie die Stadt Wien einen Gemeindebau systematisch vernachlässigt. Die Mieter warten bereits seit zwei Jahrzehnten (!) auf Verbesserungen. Diese wurden oft versprochen, aber nie gehalten. Der frühere Bezirksvorsteher Paul Stadler (FPÖ), der jetzt wieder für dieses Amt kandidiert, zeigt sich empört:
Ich habe als damaliger Bezirkschef über das Fernsehen und Printmedien auf die Missstände aufmerksam gemacht. Aber passiert ist auch unter dem roten Bezirksvorsteher nichts. Man hat nur zizerlweise da oder dort repariert, aber die große versprochene Sanierung blieb aus.
Mieter werden immer wieder vertröstet
Zuerst mussten die Garagen wegen Einsturzgefahr abgestützt werden, jetzt seien die Balkone gesperrt worden. „Was muss noch alles passieren?“, fragt sich Stadler, der auch kritisiert, dass die Mieter zwar einen Erhaltungsbeitrag zahlen müssten, aber bezüglich einer Sanierung immer wieder vertröstet werden.
Unangenehmes Thema für SPÖ
Die heruntergekommenen Gemeindebauten sind für die SPÖ ein unangenehmes Thema. Das merkte man gestern, Mittwoch, einmal mehr in der Sitzung der Bezirksvertretung in Simmering, wo ein Antrag der Freiheitlichen, nämlich, dass im Bezirk keine neuen Gemeindebauten mehr errichtet werden sollen, bevor bestehende Anlagen umfassend saniert sind, ohne Begründung abgelehnt wurde. SPÖ-Bezirkschef Steinhart nahm damit sogar einen Verstoß gegen die Geschäftsordnung in Kauf. Diese schreibt nämlich vor, bei einer Ablehnung auch eine Begründung anzugeben.