Seit November 2022 gilt in der EU der Digital Services Act (DSA), mit dem vorgeblich illegale oder unliebsame Inhalte leichter aus den sozialen Netzwerken im Netz entfernt werden können. Die umstrittene Verordnung sorgt immer wieder für Kritik, weil sie als Gefahr für die Meinungsfreiheit gesehen wird. Dass die Bedenken gegenüber dem DSA nicht ganz unbegründet sind, zeigt ein neuer Vorstoß der Grünen. Statt gegen die illegale Massenmigration nach Europa und damit den Import des islamistischen Terrors vorzugehen, soll es jetzt nämlich der populären chinesischen Video-App TikTok an den Kragen gehen.
TikTok im Visier der Politik
In einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der unzensuriert vorliegt, fordert der grüne Interims-Kulturminister und Grünen-Bundessprecher Werner Kogler noch mehr Eingriffe in die sozialen Medien. Die Begründung: Der Afghane, der in Villach auf mehrere Fußgänger eingestochen und einen 14-Jährigen getötet hatte, soll sich im Internet radikalisiert haben – konkret über TikTok, dessen Verbot auch Politiker von ÖVP und SPÖ diskutieren. Es sei mehr als deutlich, dass die Verbreitung von Hass, Radikalisierung und Extremismus im digitalen Raum nicht weiter toleriert werden dürfe, so Kogler in dem Schreiben. Weiter meint er:
Plattformen wie TikTok, Telegram, X, Facebook, Instagram, YouTube und andere bieten eine Bühne für extremistische Ideologien, die von jungen Menschen konsumiert und oftmals in gewalttätiges Handeln umgesetzt werden. Es ist unbestreitbar, dass diese sozialen Netzwerke eine Schlüsselrolle in der Verbreitung von verhetzenden und zu Gewalt aufrufenden Inhalte spielen und dass die aktuellen Algorithmen Hass und Hetze nicht bekämpfen, sondern befeuern.
Kogler will “wichtiges Instrument” DSA umgesetzt sehen
“Wir dürfen dieses wichtige und vor allem wirksame Instrument im Kampf gegen Radikalisierung nicht einfach im Gesetzbuch verstauben lassen. Es muss zur Anwendung kommen – und zwar jetzt”, so der grüne Bundessprecher, der vorschlägt, Kommisionspräsidentin Ursula von der Leyen aufzufordern, “endlich konkrete Maßnahmen gegen die Verbreitung extremistischer Inhalte auf Plattformen wie TikTok, Facebook, Instagram, Telegram, X und Co. durchzusetzen”. Der Digital Services Act soll damit wirksam zur Umsetzung gebracht werden.
“Hassprediger und Extremisten” sollen die Demokratie zersetzen
Die EU und ihre Mitgliedsstaaten dürften nicht dabei zusehen, wie “Hassprediger und Extremisten unsere europäischen Werte und Demokratien zersetzen und extremistische Ideologien auf die Bildschirme unserer Jugendlichen spielen”. Als “politische Verantwortungsträger:innen” seien Kogler und seine Gleichgesinnten der Meinung, dass die EU eine führende Rolle dabei übernehmen könnte, den digitalen Raum von “extremistischer Propaganda” zu befreien.
EU soll gegen angeblichen Extremismus im Internet vorgehen
Deshalb fordert Kogler die EU-Kommission also zum Handeln auf – und diese Forderungen haben es in sich: Nicht nur sollen laufende Verfahren nach dem Digital Services Act beschleunigt werden, auch Plattformen, die angeblich zu wenig gegen terroristische und extremistische Inhalte vorgehen, sollen sanktioniert werden. Was genau “extremistische Inhalte” sein sollen, darauf geht Kogler in dem Brief nicht genauer ein. Ähnlich schwammig waren ja schon bisher die vorgeblichen Aktivitäten der EU gegen “Hassrede” und “Hetze”.
TikTok soll Algorithmen und Datenbanken offenlegen
Zudem solle die Kommission auf Rechtsgrundlage des DSA anordnen, dass die VLOP TikTok nicht nur ihre Algorithmen, sondern auch noch ihre Datenbanken offenlegen soll. VLOPS (Very large Online Platforms) sind besonders große soziale Netzwerke, die dazu verpflichtet sind, alle Vorschriften des DSA vollständig zu erfüllen.
Doch es kommt noch besser: Kogler wünscht sich tatsächlich, dass die Video-App ihr algorithmisches Empfehlungssystem, nach dem Nutzern der Plattform die Kurzvideos ausgesucht und angezeigt werden, außer Kraft setzt, zumindest bis zum Abschluss der Ermittlungen.
TikTok angeblich Schuld an Radikalisierung von Terroristen
Kogler hält das – im Grunde relativ banale Video-Netzwerk – für eine große Gefahr für die Demokratie:
Es liegt Dringlichkeit auf Grund der Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung der Nutzer vor. Die stattgefundenen Terrorakte infolge einer Radikalisierung der mutmaßlichen Täter auf TikTok belegen diese Dringlichkeit. Die Zuwiderhandlung gegen Art. 34 und Art. 35 DSA ist angesichts der Häufung terroristischer Akte nach einer Radikalisierung auf TikTok prima facie festzustellen.
Plattform-Betreiber müssen ihre Inhalte analysieren
Artikel 34 des Digital Services Act behandelt die “Sorgfaltspflichten für ein transparentes und sicheres Online-Umfeld”: Die VLOPS, also die sehr großen Online-Plattformen und Suchmaschinen, sind danach verpflichtet, die Risiken, die sich aus der Nutzung der Dienste ergeben können, regelmäßig (mindestens einmal im Jahr) zu analysieren, besonders, was illegale Inhalte und die öffentliche Sicherheit betrifft. Aber auch bezüglich gesellschaftlicher Debatten müssen die Betreiber analysieren, ob auf ihren Diensten “extremistische” Inhalte verbreitet werden. Wobei wir wieder bei der unklaren Definition sind…