ÖAW-Studie zu sozialen Medien und Demokratie

Die Österreichische Akademie der Wissenschaften lieferte im Parlament eine von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka „angeregte“ Studie über demokratiegefährdende soziale Medien ab.

26. Feber 2024 / 19:15 Uhr

„Gefahr für die Demokratie“: Die Angst des Establishments vor den sozialen Medien

Erst „das Internet“, dann „die sozialen Medien“: Das Establishment aus alten Medien und alten Parteien lebt seit Jahrzehnten in Angst vor dem Kontrollverlust über die öffentliche Meinung. Das wurde am Montag im österreichischen Parlament einmal mehr überdeutlich. Die „Österreichische Akademie der Wissenschaften“ (ÖAW) erstellte „auf Anregung“ von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) eine Studie zum Thema „Sind soziale Medien eine Gefahr für unsere Demokratie?“

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) beklagte, dass zu wenige Menschen in der Lage seien, „Fakten“ von „Fakes“ zu unterscheiden. Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf

Verrohung und Zerrüttung der Gesellschaft

Das Parlament ließ bei der Präsentation das Fragezeichen hinter dem Titel gleich unter den Tisch fallen und lud zum Dialogforum „Soziale Medien als Gefahr für die Demokratie“. Die Studienautoren lieferten auch das gewünschte Ergebnis, unterfüttert mit den altbekannten Argumenten. Bei den großen Plattformbetreibern stünden kommerzielle und nicht journalistische Interessen im Mittelpunkt. Die „Ränder“ des politischen Spektrums erhielten dadurch besondere Aufmerksamkeit. Dies führe zu einer Verrohung und Zerrüttung der Gesellschaft und sei natürlich Gift für das Vertrauen in Politik, Wissenschaft und somit in die Demokratie insgesamt, wie der Leiter der ÖAW-Arbeitsgruppe, Matthias Karmasin, ausführte.

Linke fürchten um ihre Deutungshoheit

Seine Einschätzungen unterstrich Karmasin mit besorgten Zitaten zweier bekannter deutscher Wissenschaftler: des Philosophen Jürgen Habermas und des Politologen Herfried Münkler. Beide gehören dem linken Spektrum an, was die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch in der auf die Präsentation folgenden Diskussion vermuten ließ, dass die Sorge nicht der Demokratie an sich, sondern eher der linken Deutungshoheit gelte. Sie war die Einzige, die nicht in den Panik-Chor einstimmte und den Bürgern wesentlich mehr „Medienkompetenz“ zubilligte als die Studienautoren und die Politiker der anderen Parteien.

FPÖ-Politikerin Dagmar Belakowitsch (Mitte) scherte als Einzige aus dem von Angst und Regulierungswut bestimmten Konsens aus. Mit ihr diskutierten Nico Marchetti (ÖVP), Henrike Brandstötter (Neos) und David Stögmüller (Grüne) unter der Leitung von Günther Mayr (ORF). Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf

Wann folgt Dialog über Massenmedien als Gefahr für Demokratie?

Die Voreingenommenheit auf den Punkt brachte ein Veranstaltungsbesucher, der sich in der Diskussion zu Wort meldete. Er wunderte sich darüber, dass das Parlament einerseits ein Forum für Dialog bieten wolle, andererseits das Ergebnis des Dialogs – die sozialen Medien als Gefahr für die Demokratie – aber schon vorwegnehme. Er hoffe nun darauf, dass weitere Dialog-Foren folgen würden und schlug „Soziale Medien als Chance für die Demokratie“ sowie „Massenmedien als Gefahr für die Demokratie“ vor, wobei er unter dem zweiten Thema insbesondere die Rolle des ORF beleuchten wollte. In diesem Sinne äußerte sich auch Dagmar Belakowitsch: Die etablierten Medien hätten keineswegs die Wahrheit gepachtet und würden ebenfalls immer wieder nachweislich falsch berichten. Unwahre Inhalte seien kein auf die sozialen Medien beschränktes Phänomen.

ORF-Journalist Günther Mayr musste sich aus dem Publikum einige Kritik an seinem Unternehmen anhören. Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf

ORF-Mayr als alarmistischer Moderator fernab vom Thema

Günter Mayr, Leiter des Wissenschaftsressorts im ORF, warf als Moderator schon in der Einleitung alarmistische Stichworte wie „Sturm auf das Kapitol“ oder „Reichsbürger“ ein. Die Diskussion der Angeordneten eröffnete er mit einer Fragerunde zur „Klarnamenpflicht“, obwohl diese in der Studie keine Rolle spielt. Vielleicht gab es aber auch dazu eine „Anregung“ von Nationalratspräsident Sobotka, dessen ÖVP seit Kurzem einmal mehr dieses „tote Pferd“ reitet.

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