Die Bilder der gesprengten Strommasten gingen damals durch die Welt.

8. Juni 2021 / 21:49 Uhr

60 Jahre Feuernacht in Südtirol – Was bleibt?

Am Donnerstag, den 10. Juni, jährt sich zum 60. Mal die sogenannte „Feuernacht“ von Südtirol. Freiheitskämpfer hatten 37 Strommasten gesprengt, um auf das Unrecht in Südtirol hinzuweisen.

750 Jahre geeintes Tirol

Unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg besetzte Italien völkerrechtswidrig den Süden Tirols. Im Friedensdiktat von Saint-Germain wurde das besetzte Gebiet 1920 Italien zugesprochen. Damit wurde das seit 1141 für rund 750 Jahre bestehende deutsche Fürstentum Tirol gespalten. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg lag der Anteil der deutschsprachigen Bevölkerung in Südtirol bei 89 Prozent. Seitdem war das Gebiet einer aggressiven Italienisierungspolitik ausgesetzt. Die Missstände erreichten ihren Höhepunkt, als das Deutsche Reich und das Faschistische Italien Ende der 1930er Jahre mit der „Option“ die Südtiroler sich zwischen dem Verlassen ihrer Heimat oder der Aufgabe ihrer Sprache und Kultur entscheiden ließen.

In der Unterdrückung entstand der Widerstand

Bis 1961 sank der Anteil der deutschsprachigen Bevölkerung auf rund 60 Prozent, die Italienischsprachige stieg von drei (1910) auf 35 (1961) Prozent. Als Reaktion auf die Unterdrückung und im Kampf für ihre Heimat gründeten mutige Patrioten den „Befreiungsausschuss Südtirol“. Ihr Ziel war es, das Selbstbestimmungsrecht der Völker auch für ihre Heimat durchzusetzen. Dabei griffen sie auch zur Gewalt, beschränkten diese jedoch zum Großteil auf Objekte. Die „Feuernacht“ sollte der Höhepunkt ihres Freiheitskampfs werden.

Südtirol erkämpfte sich Autonomierechte

In der Nacht von 10. auf den 11. Juni sprengten sie 37 Strommasten, um die Wirtschaft der Region lahm zu legen. Dies klappte nur bedingt, jedoch erregten sie für Südtirol solch eine internationale Aufmerksamkeit, dass sich Italien gezwungen sah, die Lage für das Volk zu verbessern. In den folgenden Jahren wurden Südtirol umfassende Autonomierechte zugesprochen, die deutsche Sprache ist gleichwertig wie die Italienische. Die Freiheitskämpfer mussten zum Teil Haftstrafen in Italien verbüßen, zum Teil lebten sie in Österreich im Exil.

Was sind die Lehren der Feuernacht?

Laut offizieller österreichischer Rechtsprechung ist es ein Fakt, dass die Gewalt der Freiheitskämpfer gerechtfertigt war. Österreichische Gerichte sprachen die Angeklagten rechtskräftig frei, sie sahen durch die katastrophale Unterdrückung der deutschsprachigen Bevölkerung den Rechtfertigungsgrund des Notstands erfüllt. Die Lehre daraus, sechzig Jahre später, kann sein, dass es durchaus gerechtfertigt sein kann, gegen einen Staat, der aggressiv die Kultur der eigenen Bevölkerung bekämpft, im äußersten Notfall auch zu den Waffen zu greifen.

Langsam wächst Tirol wieder zusammen

Heute ist die Situation deutlich entspannter, aber noch lange nicht gelöst. Der Anteil der deutschsprachigen Gemeinschaft hat sich stabilisiert und ist auf dem gleichen Stand von etwa 60 Prozent wie vor 60 Jahren. Der Anteil der italienischsprachigen Gruppe ist sogar auf rund 23 Prozent gesunken, das ist der niedrigste Wert seit 1931. Deutsch ist neben Italienisch Amtssprache. Auch wächst Tirol nach und nach wieder zusammen, sei es 1998 mit Ausrufung der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino, oder aktuell, wie unzensuriert berichtete, mit dem Anschluss Südtirols an das österreichische Stromnetz.

Keine Volksabstimmung in Sicht

Die grundsätzliche Frage um die Einheit Tirols ist jedoch nach wie vor unbeantwortet. An eine diplomatische Klärung der Frage oder gar eine Volksabstimmung ist nicht im entferntesten zu denken. Es bleibt ein Kampf, den die Südtiroler heute Stück für Stück erkämpfen müssen. Schützenhilfe durch Österreich können sie sich nicht erhoffen. Die Regierung Schwarz-Grün hat die von Schwarz-Blau geplante doppelte Staatsbürgerschaft nach ungarischem Vorbild aus dem Regierungsprogramm gestrichen.

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