Der amtierende Bundespräsident sei der „Hüter des Systems“, ihn hätten schon Sozialdemokraten kontaktiert und gesagt, Walter Rosenkranz zu wählen, und dass es in Oberösterreich keine geförderten Wohnungen ohne Deutschkenntnisse gibt, wäre mit der SPÖ nicht umzusetzen gewesen. Das sagte Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ), den unzensuriert in Wien zu einem Gespräch getroffen hat.
“Mit vordergründigem Populismus das Volk täuschen”
Unzensuriert: Bezugnehmend auf die tropischen Temperaturen, die derzeit herrschen, würden wir gerne wissen, ob die politischen Diskussionen in Wien oder in Linz momentan hitziger sind?
Haimbuchner: Ich würde sagen, dass die Hitze nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass es unter Umständen recht kalt sein wird im Winter. Mir kommt es so vor, als würde es die hitzigen Debatten derzeit überhaupt nicht geben. Die einzigen, die dafür sorgen, dass die Themen überhaupt aufs Tapet gebracht werden, sind die Freiheitlichen. Ansonsten habe ich eher das Gefühl, man befindet sich wirklich schon im Urlaub – unabhängig davon, ob nun der Vizekanzler gewisse Festspiele besuchen soll oder nicht, das ist ja auch schon wieder so ein vordergründiger Populismus. Meines Erachtens darf man durchaus auch Festspiele besuchen und soll das Volk nicht darüber täuschen, was derzeit wirklich passiert. Ich würde mir wünschen, dass tatsächlich gearbeitet wird.
“Die Teuerungswelle wurzelt in der verfehlten Geldpolitik”
Unzensuriert: Sie sprechen die Teuerungswelle an. Die ist in Oberösterreich genauso Thema wie in Wien.
Haimbuchner: In ganz Europa. Die Teuerungswelle hängt ja nicht nur mit dem Ukraine-Konflikt zusammen, sondern sie hat schon vor einiger Zeit begonnen, und zwar als Ausfluss der verfehlten Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Das wird vollkommen weggewischt. Zuerst hat man mit dem Thema „Corona“ ablenken können, jetzt hat man den Ukraine-Krieg, mit dem man vom europäischen Versäumnis und der katastrophalen Geldpolitik ablenkt. Die Teuerung ist ein wesentlicher Faktor, aber die Versorgungssicherheit macht mir genauso viele Sorgen wie die Teuerung.
“Ich bin absolut loyal zur FPÖ”
Unzensuriert: Sie werden vom Mainstream stets als Kritiker von FPÖ-Parteichef Herbert Kickl hingestellt. Wie ist das Verhältnis wirklich?
Haimbuchner: Erstens muss man sich selbst immer kritisch hinterfragen, weil nur dann hat man einen Platz in der Politik. Man muss die eigenen Positionen hin und wieder überprüfen, liegt man richtig oder falsch? Ich bin wahrscheinlich selbst der größte Kritiker meiner Person.
Unzensuriert: Anders gefragt. Würden Sie Herbert Kickl nach einem Jahr Parteichef wieder zum FPÖ-Obmann wählen?
Haimbuchner: Ich habe immer jeden Parteiobmann gewählt, weil ich absolut loyal bin. Wenn die freiheitliche Partei geeint ist, wird sie erfolgreich sein. Und geeint sein schließt ja nicht aus, dass man Positionen kritisch hinterfragt. Das ist völlig normal. In jeder Partei sollte das normal sein, in jedem Verein sollte das normal sein. Jedes Unternehmen geht unter, wenn gewisse Prozesse nicht kritisch analysiert werden. Das andere, was medial publiziert wird, ist natürlich ein Humbug, aber das sind wir ja gewohnt und die Systematik der medialen Welt gehört zum politischen Alltagsgeschäft dazu. Ich denke, dass die FPÖ in den vergangenen Jahrzehnten – bei allen Vorfällen, die es gegeben hat – im Prinzip stärker dasteht als vor 30 oder 40 Jahren. Und das, denke ich, ist insgesamt ein Riesenerfolg. Die FPÖ hat insgesamt an Gewicht gewonnen.
“Ich bin bis heute nicht geimpft”
Unzensuriert: Waren Sie bei der Corona-Politik immer auf Parteilinie?
Haimbuchner: Ich wüsste nicht, wo ich nicht auf Parteilinie gewesen bin. Ich weiß auch nicht, ob jeder in der Partei immer gewusst hat, was die Parteilinie ist, denn es hat da durchaus unterschiedliche Ansichten gegeben wie überhaupt in der gesamten Gesellschaft. Da sind die Risse ja quer durch die Vereine, quer durch die Familien gegangen. Für mich waren die Dinge völlig klar: Ich habe bis auf den ersten alle „Lockdowns“ abgelehnt, ich bin bis heute nicht geimpft, darauf bin ich nicht stolz, das ist eben der Sachverhalt. Ich war ein Gegner vieler Corona-Maßnahmen, auch in unserem Bundesland.
Unzensuriert: Ist die FPÖ – im Nachhinein betrachtet – bei der Corona-Politik immer den richtigen Weg gegangen?
Haimbuchner: Die FPÖ war die einzige Partei, die am Fuße des Rechtsstaates und der Verfassung argumentiert hat. Das war schon einzigartig. Wir haben den Rechtsstaat in den Mittelpunkt gerückt und alle anderen Parteien haben in Wahrheit diese Grundprinzipien und die Säulen unserer Verfassung verlassen. Das ist der springende Punkt. Ob jetzt jede einzelne Meinung, die vertreten worden ist, richtig oder falsch war, das will ich überhaupt nicht beurteilen, weil in Wahrheit über diesen langen Zeitraum keiner gewusst hat, was richtig oder falsch und wie es medizinisch einzuschätzen ist. Aber von der demokratischen und rechtlichen Kritik her hatte die FPÖ zu hundert Prozent recht.
“Dem Walter traue ich ein gutes Ergebnis zu”
Unzensuriert: Wie glücklich sind Sie damit, dass Walter Rosenkranz von der FPÖ zum Bundespräsidentschaft-Kandidaten nominiert wurde?
Haimbuchner: Ich bin mit dieser Entscheidung sehr glücklich. Walter Rosenkranz wird von mir die bestmögliche Unterstützung erhalten. Die Rückmeldungen sind wirklich positiv. Mich haben sogar schon Sozialdemokraten kontaktiert und gesagt, den Walter Rosenkranz, den werde ich wählen. Insofern traue ich dem Walter ein gutes Ergebnis zu und ich möchte eine Stichwahl überhaupt nicht ausschließen. Denn die zu Beginn unseres Gespräches erwähnten Mega-Probleme kommen erst im Herbst so richtig hervor. Und dazu gibt es überhaupt kein politisches Statement vom amtierenden Bundespräsidenten, der sozusagen der Hüter des Systems ist.
“In Oberösterreich gibt es keine geförderten Wohnungen ohne Deuschkenntnisse”
Unzensuriert: Sie regieren in Oberösterreich mit einer ÖVP, die im Bund von Korruption, Vetternwirtschaft und Personalrochaden erschüttert wird. Ist Thomas Stelzer aus einem anderen Holz geschnitzt als Karl Nehammer?
Haimbuchner: Jede Ebene ist eine andere und es müssen die Personen miteinander können. Das ist nicht immer eine Frage der Parteizugehörigkeit, sondern es ist eine Frage eines gewissen Pragmatismus. Das sorgt mitunter auch für Kritik, aber warum geht es in der Politik? Dass man eigene Vorstellungen, eigene Themen und Werte schwerpunktmäßig umsetzen kann. Ich habe jede Ansage und jedes Thema umsetzen können – und das war nur mit der ÖVP möglich. Mit der SPÖ wäre es nicht durchzusetzen gewesen, dass es in Oberösterreich ohne Deutschkenntnisse keine geförderten Wohnungen gibt. Die SPÖ hat sich immer dagegen verwehrt. Ich darf meinen Standpunkt als Freiheitlicher nicht damit beurteilen, mit wem ich zusammenarbeite, sondern ob ich meinen Standpunkt umsetzen kann. Diese Zusammenarbeit funktioniert in Oberösterreich und ich habe aufgrund der Wiener Vorkommnisse keinen Grund gesehen, diese Koalition zu sprengen. Aber auch vice versa – auch Thomas Stelzer hat es nach „Ibiza“ nicht so gesehen wie seine Wiener Kollegen.