Krieg verursacht neben menschlichem Leid und Tod stets umfangreiche Zerstörungen. So auch der Krieg in der Nord- und Ostukraine. Im zweiten Teil der Ukraine-Serie geht unzensuriert den materiellen Verlusten im Land nach.
Schwierige Schadensbewertung
Das aktuell oft zitierte Wort, wonach die Wahrheit das erste Opfer des Krieges ist, trifft auch auf die Bewertungen von Schäden zu. Es ist kaum möglich, eine genaue Bewertung vorzunehmen, zumal Meldungen über Schäden oft auch politische Motive zugrunde liegen – und zwar in beide Richtungen: Aktienunternehmen haben wenig Interesse, dass Verluste publik werden, weil sie den Aktienkurs negativ beeinflussen. Andere Firmen melden größere Schäden, als tatsächlich vorliegen, um möglichst viel Entschädigung und/oder Spenden zu bekommen.
Bleibt eine Annäherung an mögliche Schäden. Etwa über große Objekte wie Flughäfen, Schulen, Stromversorgung usw.
80 Milliarden Dollar Verluste
Laut mehrerer staatlicher und halbstaatlicher Institutionen wie einem Institut der Kiewer Wirtschaftshochschule soll sich der gesamte materielle Schaden aufgrund der Kriegsereignisse bis 8. April auf 80 Milliarden US-Dollar (entspricht dem BIP von Sri Lanka) belaufen. Von Zerstörungen betroffen sind Infrastruktur (39 Milliarden US-Dollar), Wohngebäude (29 Milliarden US-Dollar) sowie rund hundert Industrieunternehmen (6,7 Milliarden US-Dollar).
Die neun am stärksten vom Krieg betroffenen Regionen erwirtschafteten davor 30 Prozent des nationalen Bruttoinlandsprodukts (BIP); das heißt im Umkehrschluss, dass 70 Prozent mehr oder weniger intakt sind.
Landwirtschaft mit Weltbedeutung
Wichtig für Europa und die Welt sind vor allem auch die Schäden im landwirtschaftlichen Sektor, zumal die Ukraine zahlreiche Staaten mit Lebensmitteln versorgt, vor allem den Nahen Ostens und China. So beläuft sich der Anteil der Ukraine an den chinesischen Gesamtimporten von Weizenmehl auf 44 Prozent, bei Mais 55 und bei Sonnenblumenöl gar 59 Prozent.
In den von den Kampfhandlungen betroffenen Gebieten wuchsen davor 38 Prozent des Weizens, 34 Prozent des Maises und fast die Hälfte der Gerste und von Sonnenblumenkernen.
80 Prozent der Felder bestellt
Aufgrund der Seeblockade sind die Exporte landwirtschaftlicher Güter von fünf bis sechs Millionen Tonnen pro Monat auf ein Zehntel geschrumpft.
Viele Bauern konnten oder wollten nicht die Feldarbeit machen, zumal Kampfhandlungen, Minen und sonstige kriegerische Begleiterscheinungen das Aussähen zur Lebensgefahr machten. Doch schließlich sollen 80 Prozent aller ukrainischen Felder bestellt worden sein.