Gernot Blümel / Buch

Ex-ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel bekam eine SMS mit mutmaßlich strafrechtlich relevantem Inhalt. Er widersprach nicht, sondern leitete diese SMS sogar weiter.

12. Dezember 2021 / 11:06 Uhr

„Tu es für mich“ – eine SMS bringt ÖVP-Finanzminister Blümel in arge Bedrängnis

Im Buch von Christian Hafenecker mit dem Titel „So sind wir“ wird auch die Steuernachzahlung für Novomatic in Italien und die Rolle des ÖVP-Finanzministers Gernot Blümel in dieser Causa beleuchtet.
Steuernachzahlung schmolz von 60 auf 20 Millionen
Wie verstrickt die ÖVP in das Glücksspiel und dessen Unternehmen ist, lässt die reduzierte Steuernachzahlung der Novomatic AG in Italien vermuten. Dort nämlich soll der Novomatic im Jahr 2017 eine Steuernachzahlung in Höhe von bis zu 60 Millionen Euro gedroht haben. Am Ende sollen es aber „nur“ 20 Millionen Euro gewesen sein, die von Novomatic an die Finanzbehörden von Bella Italia flossen.
In den Verdacht, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein könnte, kamen ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel, aber auch ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz durch eine SMS-Nachricht, die der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann am 12. Juli 2017 an Blümel schrieb:

Bräuchte kurzen Termin bei Kurz. 1) wegen Spende 2) wegen des Problems, das wir in Italien haben.

Strafrechtlich relevante Nachricht
Kurz war damals Außenminister unter dem SPÖ-Kanzler Christian Kern. Ob es tatsächlich zum Treffen zwischen Neumann und Kurz kam, ist nicht klar. Was jedoch feststeht: Blümel bekam eine mutmaßlich strafrechtlich relevante Nachricht auf sein Mobiltelefon geschickt, weil mit der politischen Intervention eine Spende in Zusammenhang gebracht wurde.
Was machte Blümel? Er widersprach nicht, sondern leitete dieses Anliegen sogar weiter. In einer weiteren SMS bat Blümel den damaligen Kabinettschef und Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid:

Ruf Neumann zurück – Tu es für mich. Danke!

Kurz traf italienischen Amtskollegen
Blümel ging in die Offensive und erklärte bei Pressekonferenzen, sowohl die ÖVP als auch ÖVP-nahe Vereine hätten nie Spenden der Novomatic erhalten. Wer anderes behauptet, den werde er klagen. Auch Novomatic-Chef Neumann wies über seinen Rechtsanwalt Verdächtigungen, wonach Novomatic an die ÖVP gespendet haben soll, entschieden zurück.
Laut Medienberichten traf sich der damalige Außenminister Sebastian Kurz wenige Tage nach Neumanns SMS wegen des „Problems in Italien“ mit seinem italienischen Amtskollegen Angelino Alfano. Auf Nachfrage bestätigte das österreichische Außenministerium diese Begegnung, allerdings soll es zu diesem Treffen weder ein Gesprächsprotokoll noch Akten, Unterlagen oder Bildmaterial geben.
Die Schlüsselfigur im Novomatic-Geschäft
Was bei diesem Treffen besprochen wurde, bleibt genauso ein Rätsel wie die Rolle des damaligen italienischen Finanzministers Pier Carlo Padoan. Er soll die Schlüsselfigur im Novomatic-Geschäft mit den Steuerbehörden gewesen sein.
Die Vermutung liegt nahe – und deckt sich mit den Ermittlungen der WKStA -, dass es hier Gegenleistungen für politische Interventionen gegeben haben könnte. Kurz selbst wollte zu dieser Causa nicht Stellung beziehen. Auf eine parlamentarische Anfrage antwortete er nur, dass er dafür nicht zuständig sei.
Brisanter Kalendereintrag
Brisant in diesem Zusammenhang ist ein sichergestellter Kalendereintrag des Novomatic-Eigentümers Johann Graf in den darauffolgenden Tagen nach dem „Italien-Geschäft“, auf der der Name „Kurz“ aufscheint. Grafs Rechtsanwalt verteidigte diesen Kalendereintrag, der ein Gespräch zwischen Kurz und Graf vermuten lässt, zwar damit, dass es sich bei der Person nicht um den späteren ÖVP-Bundeskanzler, sondern die Schwiegertochter des Novomatic-Chefs gehandelt habe. An dieser Aussage bestehen aber erhebliche Zweifel. Denn wer schreibt schon den Familiennamen der Schwiegertochter in seinen Terminkalender? Diese Darstellung erscheint deshalb mehr als fragwürdig.
Spannende Rede im Parlament
Dass es wirklich ein Verfahren der italienischen Finanzbehörden gegen die Novomatic gegeben hat, konnte der Kärntner FPÖ-Nationalratsabgeordnete Christian Ragger über seine politischen Kontakte nach Italien herausfinden. Im Juni 2017 sei erstmals bei den Behörden interveniert worden. Durch wen konkret, wisse er nicht. Ragger sagte in seiner Parlamentsrede am 19. Mai, dass damals sogar eine Summe von 90 Millionen Euro im Raum gestanden sei, die Novomatic an die italienischen Finanzbehörden zahlen hätte sollen. Interventionen seien per se nichts Schlechtes, so Ragger. Würde es sich allerdings um eine verbotene Intervention handeln, „dann möchte das nicht nur der österreichische Steuerzahler wissen, sondern auch der italienische“. Ragger wörtlich:

Wenn sich nämlich herausstellen sollte, dass der italienische Amtskollege, mit dem sich Kurz getroffen hat, Angelino Alfano, das Finanzministerium dazu bewegt hat, die Steuerschuld von 60 auf wundersame 20 Millionen Euro zu minimieren, wäre das ein handfester Skandal.

Laut Ragger soll die Causa durch die Partei Lega, die dazu eine Untersuchung im Parlament in Rom angekündigt hat, genau geprüft werden. Dann, so Ragger, könne man in dieser Causa auch in Österreich Aufklärung betreiben.
Fortsetzung folgt: Lesen Sie am Dienstag über die „verratene“ Hausdurchsuchung bei Gernot Blümel und warum ein Laptop im Kinderwagen landete.
Das Buch von Christian Hafenecker ist im Verlag Frank&Frei erschienen, und zum Preis von 19,90 Euro im Frank und Frei Verlag zu bestellen.

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