Im Buch von Christian Hafenecker mit dem Titel „So sind wir“ geht es auch um die Causa „Casinos“ und wie die ÖVP hartnäckig versuchte, FPÖ-Staatssekretär Hubert Fuchs zum Sündenbock für eine geplante Änderung des Glückspielgesetzes zu machen.
Angeblicher „Deal“: Lizenz gegen Vorstandsposten
Ziel der ÖVP war es, FPÖ-Staatssekretär Hubert Fuchs als Mastermind eines angeblichen „Deals“, Glückspiel-Lizenz für Novomatic gegen Vorstandsposten von Peter Sidlo bei Casinos Austria, zu diffamieren. Dieses miese Spiel der ÖVP hielt im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss nicht stand, erwies sich als völlig haltlos. Und zwar aus mehreren nachvollziehbaren Gründen.
Europaweite Ausschreibung
Erstens ist die Neuvergabe von Konzessionen, ungeachtet ob im Online-Gückspielbereich oder für terrestrisch betriebene Casinos, das Resultat eines europaweiten Ausschreibungsverfahrens mit diversen Rechtsschutzmöglichkeiten. Die europäischen vergaberechtlichen Grundsätze können weder vom Parlament, noch von der Regierung und schon gar nicht von einem einzelnen Staatssekretär übergangen oder negiert werden. Infolgedessen wäre eine Zusage betreffend Lizenzen durch Fuchs undenkbar und in der Praxis wertlos gewesen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Umstand den Entscheidungsträgern eines Unternehmens aus der Glückspielbranche bekannt ist.
Strategisch lebensfremd
Zweitens bestätigte der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Novomatic AG, Harald Neumann, vor dem U-Ausschuss, dass eine Neuausschreibung der Online-Lizenzen vor 2027 nicht möglich sei. Eine Intervention für eine solche Lizenz schon zehn Jahre vor ihrem Ablauf durchzuführen, sei unternehmerisch und strategisch lebensfremd. Neumann sagte im „Ibiza“-U-Ausschuss:
Die Inhaberin dieser einzigen Lotteriekonzession in Österreich ist die Österreichische Lotterien GmbH, welche eine Tochtergesellschaft der Casinos Austria ist. Diese Konzession ist bis zum Jahr 2027 vergeben. Schon aus diesem Grund sind die diesbezüglich gegen mich erhobenen Vorwürfe nicht nur unrichtig, sondern absolut lebensfremd.
Kein Stimmrecht im Ministerrat
Drittens sagte Fuchs im U-Ausschuss, dass er als Staatssekretär weder rechtlich, noch faktisch in der Lage gewesen wäre, Gesetzesänderungen wie zum Beispiel im Bereich der Online-Glückspiel-Lizenzen oder terrestrischen Glückspiel-Lizenzen im Ministerrat, wo er nicht einmal Stimmrecht hat, zu erwirken.
Keiner durfte mit Fuchs reden
Finanzstaatssekretär Fuchs war jedenfalls der Außenseiter in der von schwarzen Beamten dominierten Himmelpfortgasse (Sitz des Finanzministeriums in der Wiener Innenstadt, Anm.). Unglaublich, aber wahr: Es gab im Finanzministerium eine Weisung, wonach alle Dienststellen und Sektionen angehalten wurden, keinen Kontakt mit Fuchs als Staatssekretär zu pflegen. Und wenn mit ihm gesprochen werden sollte, dann nur über direkte Genehmigung des Kabinetts von ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger.
„Ist mir noch nie untergekommen“
Während die ÖVP den Maulkorb-Erlass herunterspielte und als üblichen Vorgang darstellte, meinte Ministerialrat Kurt P., seit knapp 40 Jahren Beamter in der Glückspiel-Abteilung des Finanzministeriums, im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss:
Also mir ist so etwas noch nicht untergekommen.
Zudem erstaunte P. mit der Feststellung, dass die vermeintliche Aufhebung dieses Maulkorb-Erlasses Ende 2018, wie es vom damaligen Generalsekretär Lögers, Thomas Schmid, behauptet wurde, seiner Abteilung „nie zur Kenntnis gelangte“.
Auf die Frage, ob das Misstrauen gegenüber seiner Person und der FPÖ so groß war, dass man zu solchen Maßnahmen greifen musste, antwortete Fuchs in der Sendereihe „Der Schwarze Faden“ Folgendes:
So wie der Schelm denkt, so agiert er auch.
Minister der ÖVP nur Sprechpuppen
Die ÖVP habe ein massives Misstrauen ihm gegenüber gehabt, so Fuchs, wobei dies völlig unbegründet gewesen sei. Grundsätzlich habe er mit Löger gut zusammenarbeiten können. Doch man wisse ja, wie die ÖVP ihre Regierungstruppe aufstellen würde. Die Minister seien da im Prinzip Sprechpuppen, die wahren Mächtigen sitzen an anderen Stellen.
Nicht Teil der Bundesregierung
Ein Staatssekretär ist nicht Teil einer Bundesregierung, sondern ein weisungsgebundenes Organ eines Ministers. Das heißt: Fuchs hätte, ob von den Geschehnissen im Ministerium abgeschnitten oder nicht, ohnehin zu keiner Causa aktiv werden können, wenn nicht Löger seinen Sanktus dafür gegeben hätte. Im U-Ausschuss versuchte die ÖVP trotzdem, Fuchs Verantwortung mit auf den Weg zu geben, die er aufgrund der gesetzlichen Grundlagen gar nicht haben konnte.
Dreiste Aussage von Thomas Schmid
Ziemlich dreist war auch der Versuch des geschassten ÖBAG-Vorstands und damaligen BMF-Kabinettschefs Thomas Schmid, es so darzustellen, als wäre eine Reise zur Glückspielmesse nach London auf Initiative von Fuchs zustandegekommen, um dort Gespräche über die Zukunft des Glücksspiels in Österreich zu führen. Das ist deshalb von Bedeutung, weil in einer anonymen Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) behauptet wurde, den Deal „Vorstandsposten gegen Glücksspiel-Lizenzen“ habe Fuchs mit Novomatic-Eigentümer Johann Graf in London akkordiert.
Kein „Deal“ in London
Fuchs zeichnete bei seiner Befragung im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss aber ein völlig anderes Bild. Casinos-Austria-Managerin Bettina Glatz-Kremsner, zu der Fuchs auch nach den Regierungsverhandlungen gute Kontakte pflegte, habe ihn auf die Idee gebracht, auch einmal eine Glücksspiel-Messe zu besuchen. Glatz-Kremsner habe jene in London vorgeschlagen und auch alle Termine organisiert. Dort habe er als Staatssekretär, der für das Glücksspiel formal zuständig war, selbstverständlich sowohl den Eigentümer als auch den Vorstand der Novomatic AG getroffen. Im Ausschuss sagte Fuchs:
Wären die beiden Herren aber nicht in London gewesen, wäre ich auch hingefahren.
Es habe in London keinen „Deal“ gegeben. Bettina Glatz-Kremsner sei in enger Abstimmung mit Graf und Neumann (beide Novomatic) gewesen und habe eben die entsprechenden Termine fixiert.
ÖVP wollte Fuchs-Büro „auslagern“
Interessant auch, dass die ÖVP nicht wollte, dass das Büro von Staatssekretär Fuchs im gleichen Haus wie das des Finanzministers, nämlich in der Himmelpfortgasse, ist. Man wollte Fuchs mit dem Vorwand von Renovierungs-Notwendigkeiten sozusagen „auslagern“. Er habe sich dagegen gewehrt, berichtete Fuchs, und schließlich habe er sein Büro an derselben Adresse wie ÖVP-Finanzminister Löger bekommen.
Honeymoon am „Hochzeitstag“ vorbei
Fuchs schilderte weiters, dass die ÖVP versucht habe, ihm alle Informationen vorzuenthalten. Als er im Nachhinein – aus den Akten der WKStA – von den Vorgängen erfuhr, war er einigermaßen konsterniert. Fuchs sagte in der Serie „Der Schwarze Faden“:
Man denkt sich, man heiratet am 17. Dezember 2017, und der Honeymoon ist mehr oder weniger am selben Tag vorbei, weil die ÖVP von Anfang an systematisch versucht hat, mich als Staatssekretär von sämtlichen Informationskanälen fernzuhalten.
Beim Glückspielbereich sei der Kanzlerpartei das auch gelungen. Darüber sei er im Nachhinein sehr froh, „sonst hätten sie mir vielleicht noch den Schwarzen Peter zugeschoben, was sie auch über die Medien immer wieder versucht haben. Aber bei der Steuerreform, einem Leuchtturmprojekt der schwarz-blauen Regierung, war die ÖVP nicht in der Lage, mich abzudrehen“.
Fortsetzung folgt: Lesen Sie am Sonntag, wie eine Steuernachzahlung von Novomatic in Italien ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel in Bedrängnis brachte.
Das Buch von Christian Hafenecker ist im Verlag Frank&Frei erschienen, und zum Preis von 19,90 Euro im Frank und Frei Verlag zu bestellen.