Strache Rücktrittspressekonferenz

Heinz-Christian Strache bei seiner Rücktritts-Pressekonferenz als Vizekanzler und FPÖ-Parteichef am 18. Mai 2019.

28. November 2021 / 09:55 Uhr

Das Buch „So sind wir“ zeigt auf, warum die Ibiza-Video-Falle der Endpunkt einer Verschwörung war

Die Ibiza-Affäre hat die österreichische Innenpolitik im Jahr 2019 nachhaltig aufgewirbelt. Alexander Van der Bellens Aussage „So sind wir nicht“ galt bald nach Beginn des Untersuchungsausschusses und den Ermittlungen der WKStA gegen die ÖVP als überholt.
Kurz und seine Prätorianer
Es offenbarte sich ein tiefer Staat, errichtet von der türkisen ÖVP, der nur eines zum Ziel hatte: Sebastian Kurz und seine Prätorianer ins Bundeskanzleramt zu bringen und auch dort zu halten. Letzteres ist bekanntermaßen vorerst gescheitert, die „türkise Familie“ ist in Auflösung begriffen.
Schmankerl für unsere Leser
Welchen Beitrag der „Ibiza“-Untersuchungsausschuss dazu leisten konnte, beschreibt Christian Hafenecker, Fraktionsführer der FPÖ im Ausschuss, in seinem jetzt erschienenen Buch „So sind wir“. Unzensuriert hat für Sie einige Schmankerl herausgesucht und wird Zusammenfassungen der Kapitel in den nächsten Tagen veröffentlichen.
ÖVP streckenweise in Vorkommnisse involviert
Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus öffneten die Büchse der Pandora, die viel Unheil in die politische Landschaft Österreichs brachte. Doch die Video-Falle von Ibiza war nicht nur der Anfang vom Ende der schwarz-blauen Bundesregierung unter ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz, sie war vielmehr der Endpunkt einer Verschwörung, die vermutlich seit dem Jahr 2014 zum Ziel hatte, die FPÖ und ihren damaligen Obmann Strache zu Fall zu bringen. Der kriminellen Energie der Protagonisten spielten dabei die verwundbaren Stellen von Strache und Gudenus in die Hand. Und bald sollte sich herausstellen, dass die ÖVP zumindest streckenweise in die Vorkommnisse involviert war.
Beim Friseur Haare von Strache abgezweigt
Fest steht, dass sich Straches „Sicherheitsmann“ Oliver R. in der zweiten Hälfte des Jahres 2014 an den Wiener Rechtsanwalt M. gewandt hat – und zwar scheinbar mit belastendem Material gegen Strache. Dem Vernehmen nach sollen Fotos von einer mit Bargeld gefüllten Sporttasche gezeigt worden sein. Kurios: Oliver R. nützte einen Friseurbesuch seines Chefs, um Haare abzuzweigen, die im Fall einer forensischen Analyse als Beweis für den behaupteten Drogenkonsum herangezogen hätten werden können.
Belastendes Material allen Parteien angeboten
Zu diesem Zeitpunkt war praktisch schon allen Parteien bekannt, dass es vermeintlich belastendes Material gegen Strache gibt: dem ehemaligen ÖVP-Politiker Fritz Kaltenegger, dem damalige Direktor der ÖVP-Parteiakademie, Dietmar Halper, VP-Parteianwalt Werner Suppan, dem ehemalige Pressemann von Vizekanzler Josef Pröll, Daniel Kapp, dem Chef des Bundeskriminalamts und späteren Leiter der „Soko Tape“, Andreas Holzer, dem damaligen SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler, dem SPÖ-nahen Politikberater Rudi Fußi sowie Neos-Generalsekretär Nick Donig.
Sie alle waren in Verkaufsgespräche mit dem Anwalt M. irgendwie involviert beziehungsweise informiert.
„Der Typ hat eine Menge Geld gefordert“
Kripo-Chef Holzer sagte in einem Interview vom 27. Mai 2020 gegenüber oe24:

Der Typ hat eine Menge Geld vom Innenministerium gefordert – aber er hat uns nicht sagen wollen, von wem er das angebliche Belastungsmaterial hat.

Mit dem „Typ“ meinte er Anwalt M.
Angebote zwischen 40.000 und 70.000 Euro
Dem Vernehmen nach soll es um eine Summe zwischen 40.000 und 70.000 Euro gegangen sein. Interessantes Detail am Rande: Zu dieser Zeit war Sebastian Kurz Präsident der ÖVP-Parteiakademie. Ob man es für lebensnah hält, dass der Chef der Parteiakademie, Dietmar Halper, weder seinem Präsidenten Kurz, noch dem damaligen Parteiobmann Reinhold Mitterlehner von einer derartigen politischen Bombe informierte, kann jeder selbst beurteilen.
Sensationelles Ergebnis der FPÖ bei Wien-Wahl
Dennoch, der perfide Plan, Heinz-Christian Strache ans Messer zu liefern, scheiterte vorerst. Aber dann änderte sich die politische Landschaft in Österreich. Durch die Einwanderungswelle und die verfehlte Asylpolitik der österreichischen Bundesregierung gerieten die ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP zunehmend unter Druck. Im Oktober 2015 errang die FPÖ bei der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien mit knapp 31 Prozent ein sensationelles Ergebnis.
SPÖ und ÖVP nicht in der Stichwahl
Ein halbes Jahr später, bei der Bundespräsidentschaftswahl 2016, erreichte keiner der Kandidaten von SPÖ und ÖVP die Stichwahl. Norbert Hofer, Kandidat der Freiheitlichen, erhielt 35 Prozent und mit Abstand die meisten Stimmen. Während die FPÖ in Umfragen mittlerweile stärkste Partei in Österreich war, hatten Rot und Schwarz zusammen keine Mehrheit. Nervosität und Angst beim politischen Establishment, auch auf internationaler Ebene, waren die Folge.
Strache musste zur Strecke gebracht werden
Es musste daher etwas Neues her, etwas Größeres, um Strache zur Strecke zu bringen, nachdem alle vorherigen Versuche gescheitert waren.
Der mit Rechtsanwalt M. schon länger bekannte Detektiv und mutmaßliche Drahtzieher des „Ibiza-Videos“, Julian Hessenthaler, sagte in diesem Zusammenhang vor dem Untersuchungsausschuss jedenfalls, dass das Video nicht notwendig gewesen wäre, hätte es schon davor Ermittlungen und eine Anklage gegen Strache gegeben.
Das „Ibiza-Projekt“ nahm seinen Lauf
Tatsächlich wurden die Bemühungen, den FPÖ-Chef in verfängliche Situationen zu bringen, um dies dann politisch nutzen zu können, intensiviert. Wer als Mastermind dahinter stand, inwieweit hier noch immer die ÖVP oder andere Interessengruppen involviert waren oder ob tatsächlich die Ibiza-Bande alleine Regie geführt hat, konnte der U-Ausschuss nicht klären. Fakt ist aber, dass Hessenthaler zu diesem Zeitpunkt in die Pläne von Rechtsanwalt Ramin M. eingebunden war. Das Ibiza-Projekt nahm somit seinen Lauf.
Fortsetzung folgt: Lesen Sie am Dienstag das Kapitel unter dem Titel “Die roten Idioten kommen mit dem Geld nicht mehr weiter”.

Das Buch von Christian Hafenecker ist im Verlag Frank&Frei erschienen, und zum Preis von 19,90 Euro  im Frank und Frei Verlag zu bestellen.

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