Im neuen Buch von Christian Hafenecker mit dem Titel „So sind wir“ wird beschrieben, wie es möglich war, dass der damalige FPÖ-Wien-Chef Johann Gudenus so naiv auf die vermeintliche Oligarchen-Nichte hereinfiel.
Oligarch bestätigte falsche Identität
Gudenus werden gute Russland-Kontakte nachgesagt. Umso verwunderlich ist es, dass er – als ihm die vermeintliche Oligarchen-Nichte vorgestellt wurde – nie nachrecherchierte, ob es sich bei der Dame tatsächlich um jene Person handelt, für die sie sich ausgab. Dabei wäre es so einfach gewesen – die Berliner Tageszeitung machte es vor: Ihr sagte der russische Milliardär und Oligarch Igor Makarov später, dass er die Frau, die sich unter Vortäuschung einer falschen Identität gegenüber HC Strache und Gudenus als seine Nichte ausgegeben hatte, nicht kenne und mit ihr auch nicht verwandt sei.
Warnungen nicht ernst genommen
Warnungen gab es genug. Ein Bekannter von Gudenus gab an, ihn als langjährigen Freund im Frühjahr 2017 vor der falschen Nichte gewarnt zu haben. Er kenne Makarov, den angeblichen Onkel, und wisse, dass dieser als Waisenkind keine Geschwister habe und daher auch keine Nichte haben könne. An diese Warnung konnte sich Gudenus allerdings nicht mehr erinnern.
Am 23. Juli 2017, dem Vorabend der Video-Erstellung, trafen sich „Ibiza“-Dedektiv Julian Hessenthaler und Gudenus in einem Strandlokal auf Ibiza, um Details für den nächsten Abend zu besprechen. Ironischerweise erzählt Gudenus noch an diesem Tag, dass er und Strache besonders aufpassen müssten, da aktuell versucht werde, sie mit einer Video-Falle hereinzulegen. Diesbezügliche Warnungen aus dem Kurz-Umfeld habe er erst kürzlich bekommen.
Die Zweifel von Gudenus waren vermutlich ausgeräumt, als ihm Anwalt M. (der zweite Drahtzieher des Videos neben Hessenthaler) als vertrauensbildende Maßnahme einen Überweisungsbeleg über mehrere Millionen Euro auf ein Treuhandkonto seiner Kanzlei und eine Reisepass-Kopie der vermeintlichen Oligarchen-Nichte zeigte.
Investition von 300 bis 350 Millionen Euro
Dass die falsche Oligarchen-Nichte nicht nur Interesse an einem Grundstück von Gudenus im Waldviertel zeigte, sondern auch in Aussicht stellte, 300 bis 350 Millionen Euro in Österreich zu investieren, hat Gudenus wohl in anderen Sphären schweben lassen.
Vertrauenswürdige Kontaktaufnahme
Über die Anbahnung mit der vermeintlichen Oligarchen-Nichte über die Immobilienmaklerin Irena Markovic sagte Gudenus im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss:
Das Vertrauen habe ich auch deswegen gehabt, weil sie (Markovic) erstens mit meiner Frau befreundet war, ich sie kenne und auch bekannt war, dass sie mit Heinz-Christian Strache ein paar Jahre zuvor eine als intim zu bezeichnende Beziehung gehabt hat. Deswegen war das für mich eine sehr vertrauenswürdige Kontaktaufnahme.
Kinder sollten in Wien sicher zur Schule gehen
Gudenus meinte weiter, dass es von Anfang an der Anspruch der veremeintlichen Multimillionärin gewesen sei, Strache kennenzulernen. Für ihn sei das nichts Ungewöhnliches gewesen, weil oftmals Leute an ihn herantreten würden, um auch den Parteichef kennenzulernen. Wörtlich sagte Gudenus im U-Ausschuss:
Ich habe ihm (Strache, Anm.) das damals auch berichtet – wenn nicht im März, dann im April -, dass es eine wohlhabende Dame gibt, die in Österreich investieren will, die hier eben auch ein Umfeld haben will, die wegen mancher ideologischer Ansätze auch gut auf die FPÖ zu sprechen ist, die will, dass ihre Kinder in Wien sicher in die Schule gehen können und vieles mehr.
Falsche Oligarchen-Nichte schwärmte von Ibiza
Dem Vernehmen nach wurde schon beim ersten Treffen seitens der Dame und ihres Begleiters Hessenthaler angeführt, dass die beiden oft nach Ibiza fahren würden und dass sie das so gerne hätten, weil es dort eine gute Mischung aus Entspannung und Party gäbe. Laut Gudenus habe sich dann in weiterer Folge ergeben, dass man sich gedacht habe, dass Strache unter dem Semester bis zum Sommer keine Zeit habe, die Millionärin zu treffen, also wäre vereinbart worden, sich auf Ibiza zu treffen. Und das wäre dann auch zustande gekommen.
Fortsetzung folgt: Lesen Sie am Samstag, wie Herbert Kickl als damaliger Innenminister die Vorgänge rund um die Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ miterlebte.
Das Buch von Christian Hafenecker ist im Verlag Frank&Frei erschienen und zum Preis von 19,90 Euro im Frank und Frei Verlag zu bestellen.