Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass Alexander Schallenberg als Bundeskanzler bestenfalls Platzhalter für ÖVP-Parteichef Sebastian Kurz ist, dann lieferte diesen Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) gestern, Sonntag, in der ORF-Sendung „Im Zentrum“.
Abdanken von Kurz nicht verinnerlicht
Köstinger ertappte sich bei ihrem verräterischen Satz selbst, als sie meinte, „unser Bundeskanzler Sebastian…“ und korrigierte auf „unser Bundeskanzler Alexander Schallenberg“. Die Ministerin, die sich selbst zum „inneren Kreis“ von Sebastian Kurz zählt und es daher lebensfremd anzunehmen wäre, dass sie von den Malversationen mutmaßlicher Umfrage-Manipulationen nichts gewusst haben soll, hat das Abdanken ihres Parteichefs als Bundeskanzler wohl noch nicht verinnerlicht.
Köstinger beklagte Medienhetze
Ihre Realitätsverweigerung unterstrich Köstinger dann auch damit, dass sie von einer „noch nie dagewesenen Medienhetze gegen Sebastian Kurz“ sprach. Dabei sind die Journalisten im Vergleich zur „Ibiza-Affäre“ ziemlich zahm, obwohl die meisten die Meinung vertreten, dass die Causa um mutmaßlich gefälschte Umfragen zur Beeinflussung von Wahlen deutlich „größer ist“ als Straches geschmacklose Plauderei in Spanien. „Größer“ deshalb, weil Kurz, als diese Dinge passiert sein sollen, als damaliger Integrationsstaatssekretär bereits Amtsträger der Republik war. Strache dagegen hatte kein Amt inne, ihn hatten aber die trotz illegaler Herstellung von Medien veröffentlichten Bilder sprichwörtlich erschlagen.
Fischler: “Kein Weg zurück für Kurz”
Unübersehbar zerknirscht über die „ÖVP-Affäre“ saß auch der frühere ÖVP-Minister und EU-Kommissar Franz Fischler in der Diskussionsrunde. Er sah keinen Weg zurück für Kurz. Die ÖVP könne „nicht so bleiben, wie sie jetzt unter Kurz ist“, sie müsse einsehen, „dass dieses Modell nicht funktioniert“ – und sie werde es auch „nicht aushalten“, mit Kurz als Spitzenkandidat in die nächste Wahl zu gehen, wenn parallel etwa ein Strafverfahren läuft.
Strolz: “Lüge bei Kurz Standardinstrument”
Hart ins Gericht mit Kurz ging Ex-Neos-Chef Matthias Strolz. Er hatte 2016 mit Kurz und Irmgard Griss über eine gemeinsame Wahlplattform verhandelt. Gescheitert sei das Vorhaben an der Kaltschnäuzigkeit von Kurz, der damit geprahlt haben soll, dass er “lügen kann”. Strolz sei bis heute davon überzeugt, dass „Lüge bei ihm ein Standardinstrument ist“, Kurz „nicht integer handelt“, sich selbst als eine „Kunstfigur“ aufgebaut habe und dass hinter dem „hochpolierten Lack wilde Abgründe lauern“.
“Elli, es ist vorbei, es ist vorbei”
Elisabeth Köstinger, engste Vertraute von Kurz, blieb dennoch auf Verteidigungslinie für ihren Parteichef. Bei Fischler lösten diese schon fast bemitleidenswerten Bemühungen zeitweise müdes Lächeln aus, Strolz dagegen sagte Köstinger unumwunden seine Meinung:
Elli, es ist vorbei, es ist vorbei.