Gestern, Sonntag, fanden in Deutschland die Bundestagswahlen statt. Nun, da das vorläufige Endergebnis vorliegt, ist es Zeit für eine genauere Analyse. Unzensuriert nimmt dazu alle Resultate unter die Lupe.
Ehemals große Volkspartei SPD siegt vor Union
Die SPD feiert sich als Wahlsieger des Abends. Wie die Bild berichtet, schafft sie es mit 25,7 Prozent auf Platz 1. Bei näherer Betrachtung wird jedoch schnell klar: Die große Zeit der SPD ist vorbei. Zwischen 1957 und 2005 schaffte sie es bei allen Wahlen auf deutlich mehr als 30 Prozent. In Spitzenzeiten eines Gerhard Schröder, Helmuth Schmidt oder Willy Brand waren es sogar mehr als 40 Prozent. Die einstige große Volkspartei muss sich damit zufrieden geben, dass sie nicht mehr automatisch die dominante Rolle in Deutschland spielen wird.
CDU/CSU mit schlechtestem Ergebnis aller Zeiten
Noch deutlicher wird dasselbe Phänomen bei der Union (CDU/CSU). Sie holte ihr mit Abstand schlechtestes Ergebnis aller Zeiten. Noch nie in ihrer gesamten Geschichte seit 1949 ist sie auf weniger als 30 Prozent gerutscht. Zwischen 1953 und 1994 holte sie sogar stets mehr als 40 Prozent. Nun wurden es nur 24,1 Prozent. Völlig absurd also, dass Spitzenkandidat Armin Laschet immer noch von einem „Regierungsauftrag des Wählers“ spricht und bei den Koalitionsverhandlungen mitreden will.
Grüne immer stärker
Obwohl die Grünen ihr (zu) hochgestecktes Ziel der Kanzlerschaft mit 14,8 Prozent ganz deutlich verfehlt haben, können sie die Wahl als Sieg verbuchen. Immerhin haben sie fast sechs Prozentpunkte dazugewonnen. Dass sie trotz einer äußerst unbeliebten Spitzenkandidatin und unzähliger Skandale im Wahlkampf bei fast 15 Prozent liegen, sollte zu denken geben. Wie ältere Umfragen zeigen, haben sie ihr Wählerpotenzial noch lange nicht ausgeschöpft und sind dabei, die neue Macht in der Bundesrepublik zu werden.
FDP stabil bei mehr als zehn Prozent
Die liberale FDP kann sich mit einem leichten Zuwachs und 11,5 Prozent der Stimmen ebenfalls als (kleiner) Wahlsieger freuen. Als sie 2013 aus dem Bundestag und zahlreichen Landtagen geflogen sind, wurden sie von weiten Teilen der Medienlandschaft tot gesagt. Dass Parteichef Christian Lindner die Liberalen wieder dauerhaft auf mehr als zehn Prozent bringt, gilt als großer Achtungserfolg. Auch die Liberalen haben, wie die Grünen, ihr Potential noch nicht voll ausgeschöpft und werden daher in der Zukunft ein Machtfaktor sein.
AfD stabilisiert sich ebenfalls
Die einzige patriotische Kraft im Bundestag, die AfD, schaffte es, sich bei ihrer dritten Bundestagswahl zu stabilisieren. Sie verlor zwar leicht, kommt aber dennoch auf 10,3 Prozent – trotz konsequenter Ächtung durch alle anderen Parteien und eine durchwegs negative Medienberichterstattung. Beachtlich sind ihre Hochburgen in den östlichen Bundesländern, vor allem in Sachsen und Thüringen. Hier hat sie mehr Wahlkreise gewonnen als Linke, FDP und Grüne bundesweit zusammen. Somit ist erneut für eine patriotische Oppositionsstimme im Bundestag gesorgt.
Ende der Ex-DDR-Sozialisten?
Die sozialistische Linkspartei, hervorgegangen aus der SED, muss hingegen ein desaströses Ergebnis von 4,9 Prozent hinnehmen. Obwohl sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, kommt sie dank einem speziellen Wahlgesetz in den Bundestag, da sie drei Direktmandate gewonnen hat. Das könnte jedoch der Anfang vom Ende der einzig offen sozialistischen Partei im Bundestag sein. Auch gewann man in den östlichen Hochburgen fast nirgends mehr Wahlkreise (nur zwei in Berlin und einen in Leipzig). In Thüringen, wo die Linke sogar den Ministerpräsidenten stellt, liegt man weit abgeschlagen hinter der AfD, SPD und CDU auf Platz vier.
Dänische Minderheitenpartei schafft es auch
Zum ersten Mal seit 1953 wird es wieder sieben Parteien im Bundestag geben. Die dänische Minderheitenpartei SSW (Südschleswigscher Wählerverbund) ist als Minderheitenpartei von der Fünf-Prozent-Hürde ausgenommen. Sie brauchen nur 50.000 Stimmen, um einen Vertreter stellen zu dürfen. Erstmals erreichten sie dieses Ziel und werden daher einen Abgeordneten stellen. In Schleswig-Holstein ist sie eine wichtige Regionalpartei und war schon an Landesregierungen beteiligt.