Die Inflation in der Türkei bewegt sich auf die 20-Prozent Marke zu. Allein im Juli sind die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vergleichsmonat des Vorjahres um nicht weniger als 18,95 Prozent angestiegen. Im Juni betrug die Inflationsrate 17,5 Prozent, im Vormonat Mai 16,6 Prozent. Bereits im Wirtschaftskrisenjahr 2019 hatte die türkische Inflation die magische 20-Prozent-Marke durchschlagen.
Das türkische Statistikamt und führende Volks- und Finanzwissenschaftler geben sich ratlos. Ihre bisherigen Prognosen waren von einer geringeren Inflationsentwicklung ausgegangen. Vor allem die explodierenden Grundnahrungsmittelpreise machen der Wissenschaft und der Politik in Ankara zunehmend Sorgen.
Lebensmittelpreise um 24,9 Prozent gestiegen
Vor allem die stark steigenden Lebensmittelpreise haben die Inflationsentwicklung in der Türkei befeuert. So stiegen die Lebensmittelpreise im Juli um nicht weniger als 24,9 Prozent. Im Juni war der Anstieg noch bei 20 Prozent gelegen und im Vormonat Mai bei 17 Prozent. Und die Erzeugerpreise in der Grundnahrungsmittelindustrie stiegen gar um sagenhafte 44,9 Prozent im Juli gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahrs.
Der niedrige Kurs der türkischen Währung Lira verteuert die Einfuhren von Rohstoffen und Konsumgütern, gleichzeitig steigen im Schatten der Corona-Pandemie seit Monaten weltweit die Rohstoffpreise.
Türkische Hochzinspolitik behindert stotternde Wirtschaft
Zuletzt hatte die türkische Nationalbank vor dem Hintergrund der starken Teuerungsentwicklung an der Hochzinspolitik festgehalten. Der Leitzins wurde im Juli bei 19,0 Prozent belassen. Das stört die wirtschaftspolitischen Maßnahmen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.
Das Staatsoberhaupt hatte sich immer wieder für Zinssenkungen ausgesprochen und mit Personalrochaden an der Spitze der Nationalbank Druck auf die Verantwortlichen ausgeübt.
Erdogans Schwiegersohn scheiterte als Finanzminister
Mittlerweile ist der Streit um die zukünftige Ausrichtung der Wirtschafts- und Finanzpolitik längst im Zentrum der Regierungspartei AKP angelangt. Berat Albayrak, Schwiegersohn von Staatspräsident Erdogan, musste nach zweieinhalb Jahren als Finanzminister im November 2020 den Hut nehmen. Dem waren anhaltende Auseinandersetzungen über die Zinspolitik der Nationalbank, die Inflationsbekämpfung und die Gesundung der türkischen Finanzwirtschaft vorangegangen. Die „gesundheitlichen Gründe“, die Albayrak offiziell für seinen Rücktritt als Ursache medial bekannt gegeben hat, sollen nur eine Schutzbehauptung sein. In Wahrheit soll Schwiegervater Erdogan die schützende Hand über seinen Finanzminister weggezogen haben.