Alma Zadic und Karl Nehammer

Die grüne Justizministerin Alma Zadic ist in einer Zwickmühle: Einerseits muss sie ihr Ressort vor den ständigen Angriffen der ÖVP beschützen, andererseits dürfte sie wenig Interesse haben, Anklagen gegen Politiker ihres Koalitionspartners zuzulassen.

30. Mai 2021 / 21:00 Uhr

Die Justiz: Der Freund und Feind der ÖVP und von Sebastian Kurz

Neben ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel ist mittlerweile eine ganze Schar von prominenten schwarzen Funktionären in Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) verstrickt. Die ÖVP sieht die Schuld nicht bei ihren Parteifunktionären, diese hätten, so beteuern sie immer wieder, alles rechtens gemacht. Vielmehr wird der Eindruck vermittelt, dass die „böse“ Justiz hinter diesen zahlreichen, drohenden Anklagen gegen die ÖVPler steckt.

ÖVP-Justizsprecherin im Visier der “Korruptionsjäger”

Aktuell gehen bei der ÖVP die Wogen hoch, weil die „Korruptionsjäger“ der WKStA hinter ihrer Justizsprecherin Michaela Steinacker her sind. Verdacht: „Verdeckte Parteispende“. Eine Informantin hätte sie bei der Staatsanwaltschaft verpfiffen und sie mutmaßlich beschuldigt, in ihrer Zeit als „Generalbevollmächtigte“ der „Raiffeisen evolution project development GmbH” (1. Juli 2013 bis 31. Dezember 2017) eine Entlohnung bekommen zu haben, für die sie aber keine entsprechende Leistung erbracht haben soll. Steinacker, damals schon Nationalratsabgeordnete der ÖVP, soll „beinahe ausschließlich“ für die ÖVP gearbeitet haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Vorgehen der Staatsanwaltschaft “politisch motiviert”

Als die WKStA im Parlament nun die Auslieferung Steinackers verlangte, um die Ermittlungen gegen sie fortführen zu können, platzte den ÖVPlern endgültig der Kragen. ÖVP-Klubchef August Wöginger bezeichnete das Vorgehen der Staatsanwaltschaft am Samstag als „politisch motiviert“. Heute, Sonntag, legte der Fraktionsführer der ÖVP im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss, Andreas Hanger, in einer Aussendung nach. Hanger sagt:

Es drängt sich immer mehr der Verdacht auf, dass die Ermittlungen gegen Justizsprecherin Steinacker nur deswegen vorangetrieben werden, da Steinacker zu unbequem geworden ist, indem sie die vielen Verfehlungen der WKStA thematisiert und dazu Anfragen gestellt hat.

Kritische Abgeordnete mundtot machen

Laut Hanger wolle die WKStA eine kritische Abgeordnete mundtot machen. Mit der Unterstellung, die Staatsanwaltschaft übe Rachegelüste aus, und einer Aufzählung von Nebenjobs der Nationalratsabgeordneten versuchte Hanger, vom wahren Problem abzulenken. Denn jeder Abgeordnete darf auch einen Beruf ausüben, jedoch nicht nur als Tarnung für die eigentliche Parteiarbeit, die jetzt Steinacker mutmaßlich zur Last gelegt wird.

Kurz-Anklage: Zadic hält sich an Empfehlung des Weisungsrates

Abseits dieser neuerlichen ÖVP-Attacken auf die Justiz rückt die Frage, ob ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz aufgrund einer mutmaßlichen Falschaussage im U-Ausschuss angeklagt wird, in ein neues Licht. Denn die grüne Justizministerin Alma Zadic sagte am Samstag gegenüber der Kleinen Zeitung:

Ich werde mich der Empfehlung des Weisungsrates anschließen.

“Ein Land, in dem die türkise Familie regiert”

Dieser Weisungsrat, ein Gremium aus drei Juristen, ist bei Verfahren gegen Regierungsmitglieder einzubinden und gibt eine Empfehlung ab. Oe24-Politik-Kommentator Peter Westenthaler ist empört, glaubt er doch, dass die Anklage gegen Kurz auf diese Weise abgedreht wird. Er schreibt auf Facebook:

Die Justizministerin, die eigentlich die Letztentscheiderin ist, schiebt die Entscheidung auf den Weisungsrat ab. Und wer ist Vorsitzender des Weisungsrates? Bingo! Ein in der Wolle gefärbter ÖVPler! Somit wird die Anklage abgedreht. Das ist das Land und der Rechtsstaat, in dem die türkise „Familie“ regiert. Zum Fremdschämen!

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