Eine Pressekonferenz mit Seltenheitswert lieferte heute, Freitag, die ÖVP ab. Geladen wurde zum Thema „SPÖ versinkt immer tiefer im Skandal-Sumpf“ bezüglich der Causa Commerzialbank Mattersburg, doch die Journalisten interessierten sich nur für die Aktenlieferung von ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel.
“Vorgänge, die es in der Republik noch nicht gegeben hat”
Blümel hatte die Aufforderung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), dem „Ibiza“-Untersuchungsausschuss E-Mails zu liefern, zwei Monate ignoriert. Erst eine von den Höchstrichtern bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen beantragte Exekution des Urteils führte am Donnerstag zur Übermittlung der Unterlagen. Van der Bellen sprach von Vorgängen, die es „in der Form in diesem Land noch nicht gegeben“ habe.
Ablenkungsmanöver ging in die Hose
Es wäre nicht die ÖVP, hätte sie nicht sofort ein Ablenkungsmanöver parat, um den Fokus der Medien auf ein anderes Thema zu lenken. Doch diesmal ging dieser Versuch in die Hose. Kein einziger Journalist stellte dem ÖVP-Nationalratsabgeordneten Andreas Hanger, der versuchte, den Burgendländischen SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil als zentrale Figur des Bankenskandals an den Pranger zu stellen, eine Frage zum „SPÖ-Sumpf“. Stattdessen wurde Hanger mit Fragen zu Blümel und Kanzler Sebastian Kurz, der ebenfalls Akten liefern muss, gelöchert.
ÖVP-Hanger: “U-Ausschüsse sind Steuergeldverschwendung”
Das war Hanger sichtlich unangenehm, er wirkte zeitweise beleidigt. Einmal sagte er Richtung einer Journalistin, die eine Zwischenfrage stellen wollte, sogar: „Ich rede so lange ich will“. Und dann wandelte Hanger auf den Spuren von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der ja die Wahrheitspflicht in Untersuchungsausschüssen abschaffen will. Parteifreund Hanger will noch mehr – ginge es nach ihm, würde es solche Untersuchungsausschüsse überhaupt nicht geben. Wörtlich meinte er (siehe auch ORF TVthek):
Sie kennen meine prinzipielle Meinung zum Untersuchungsausschuss. Das ist Steuergeldverschwendung.
Mutmaßliche Falschaussagen
Gegen den Untersuchungsausschuss im Burgenländischen Landtag, wo der Bankenskandal aufgearbeitet wird, hat der ÖVP-Mandatar aber offenbar nichts. Denn von dort hat Hanger auch die Infos über die mutmaßlichen Falschaussagen von Doskozil und Helmut Ettl, Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA). Beide weisen diesen Vorwurf entschieden zurück und betonen, dass sie sich nichts haben zuschulden kommen lassen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
ÖVP hadert mit Untersuchungsausschüssen
Dort, wo es also gegen einen politischen Mitbewerber geht, wie im Burgenland gegen die SPÖ, passt der ÖVP ein Untersuchungsausschuss. Wenn aber Missstände der eigenen Partei aufgedeckt werden, will die ÖVP die Wahrheitspflicht und – geht es nach Hanger – sogar den ganzen Untersuchungsausschuss abschaffen.