Am Wochenende gingen in der steirischen 13.000-Einwohner-Gemeinde Gratwein-Straßengel (Bezirk Graz-Umgebung) die Wogen hoch. Wie medial bekannt wurde, ließ SPÖ-Bürgermeister Harald Mulle einen Gemeinderat der Opposition per Detektivbüro beschatten. Der Vorwurf: Dieser habe seinen Lebensmittelpunkt nicht in der Gemeinde und somit zu Unrecht Sitzungsgelder bezogen.
Prüfungsausschuss konnte Detektiv-Rechnung nicht zuordnen
Ans Licht gekommen ist die Causa nur, weil der Prüfungsausschuss der Gemeinde eine Rechnung über 3.600 Euro nicht zuordnen konnte. Auf Nachfrage der Prüfer gestand Mulle ein, dass es sich dabei um die Kosten für die Bespitzelung des Oppositionspolitikers handle. Der Bürgermeister handelte in dieser Angelegenheit gänzlich eigenständig – weder der Gemeindevorstand, noch der Gemeinderat waren über die Auftragsvergabe informiert worden. Vorausgegangen war der Aktion ein anonymes Vernaderungs-Schreiben an den Bürgermeister, in dem behauptet wurde, dass Gemeinderat Christian Strobl – er gehört der Liste „Unser Gratwein-Straßengel“ an – seinen Lebensmittelpunkt zu seiner Lebensgefährtin in eine andere Gemeinde verlegt hätte.
„Man will mich loswerden, ich war immer ein unbequemer Gemeinderat“
Strobl selbst hat für den Umstand, dass er im heurigen Jahr nicht durchgängig an seinem Hauptwohnsitz im Ortsteil Gratwein anzutreffen war, gegenüber der Kleinen Zeitung eine durchaus plausible Erklärung:
Die Pandemie hat natürlich auch eine Rolle gespielt – heuer konnte man nicht viel hin und her pendeln, keine Lokale und kein Fitnessstudio besuchen. Meine Lebensgefährtin und ich sind seit Langem auf der Suche nach einer gemeinsamen Bleibe – und ich habe immer gesagt, wenn wir nicht in Gratwein fündig werden, lege ich mein Mandat selbstverständlich zurück.
Die fehlende Beschlusslage versucht SPÖ-Bürgermeister Mulle damit zu rechtfertigen, dass die Gremien der Gemeinde deshalb nicht in die Angelegenheit eingebunden wurden, um die Anonymität des Betroffenen zu wahren und die Ermittlungen nicht zu gefährden.
Freiheitliche orten demokratiepolitischen Skandal
Kritik kommt vor allem von den steirischen Freiheitlichen. FPÖ-Gemeindesprecher und Landtagsabgeordneter Stefan Hermann findet für das Vorgehen im Grazer Norden klare Worte:
Dass die Gemeinde ihre eigenen Kommunalpolitiker bespitzeln lässt, ist ein demokratiepolitischer Skandal. Das sind Methoden von autokratischen Ländern, die bei uns nichts zu suchen haben. Man stelle sich vor, so etwas würde ein FPÖ-Mandatar machen – da wäre der Teufel los. Schier unglaublich ist auch, dass für diese SPÖ-Spitzelaktion der Steuerzahler aufkommen muss!
Fall für Landeshauptmann und Staatsanwaltschaft
Die Freiheitlichen haben bereits eine Anfrage an Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer zur Aufarbeitung der Causa angekündigt – dieser ist gemäß der Geschäftseinteilung für die Gemeindeaufsicht der SPÖ-Gemeinden zuständig. Auch die Staatsanwaltschaft Graz ist bereits mit der Causa beschäftigt, denn Strobls Anwalt hat den Herrn Bürgermeister wegen Untreue und Amtsmissbrauchs angezeigt.