Der Mann einer ÖVP-Nationalratsabgeordneten müsste man sein, um an Großaufträge der Regierung zu kommen. Jetzt kam zutage, dass die Firma des Ehemannes der ÖVP-Politikerin Carmen Jeitler-Cincelli Nutznießer eines 108.000-Euro-Auftrages wurde.
Ungenierte Vetternwirtschaft
In die Öffentlichkeit gelangte die „ungenierte Vetternwirtschaft“, wie es FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz ausdrückt, durch eine parlamentarische Anfragebeantwortung durch Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP). Demnach ging es um einen Projektauftrag aus dem Arbeitsministerium zur Optimierung des Corona-Familienhärtefonds.
Der Auftrag in der Höhe von 108.000 Euro – ohne Steuer und gerade noch unter der Ausschreibungsgrenze – bekam das Unternehmen Grant Thornton Austria. Partner und Geschäftsführer dieser Firma ist Georg Jeitler, Ehemann der ÖVP-Nationalratsabgeordneten Carmen Jeitler-Cincelli aus Baden, Niederösterreich.
Türkiser Selbstbedienungsladen
Die ÖVP habe bei ihrer Vetternwirtschaft keinen Genierer mehr, sagt Schnedlitz in einer Aussendung. Neuerlich sei ein mit Steuergeld finanzierter Auftrag direkt an ein ÖVP-nahes Unternehmen vergeben worden. Weiters meinte Schnedlitz:
Es vergeht wohl kaum eine Woche ohne ÖVP-Skandal und Geldmacherei rund um den Coronawahnsinn. Nach Masken und Corona-Tests werden nun auch Beratungen im türkisen Selbstbedienungsladen angeboten.
Auf Anfrage des Kurier nahm Georg Jeitler zu den Vorwürfen Stellung:
Meine Frau hat mit dem von Grant Thornton Austria begleiteten Projekt naturgemäß nichts zu tun und weiß auch kaum etwas darüber. Soll ich, nur weil meine Frau Politikerin geworden ist, meinen Beruf aufgeben? Ich war in den Auftragsgewinn nicht einmal direkt involviert.
Schnedlitz: “Hier funktioniert der Geldfluss beim Familienhärtefonds”
Jeitler beklagte im Kurier zudem, dass er durch die politische Karriere seiner Frau in seiner Kernkompetenz, der Untersuchung von Korruptionsfällen mit politischer Dimension, ohnedies stark beschränkt sei.
Das sei wohl ein Offenbarungseid, ätzt Schnedlitz und ergänzt:
Zumindest in diesem Fall hat der Geldfluss beim Familienhärtefonds funktioniert.
ÖVP-nahe Firma prüfte mutmaßlich verdeckte Parteienfinanzierung der ÖVP
Dass Jeitler in seiner Kernkompetenz stark beschränkt sei, wie er es ausdrückt, wird im profil-Artikel „ÖVP-Ermittlungen: Gutachter mit Abgeordneter verheiratet“ vom 14. September 2019 widersprochen. In diesem Bericht wird aufgedeckt, dass die Staatsanwaltschaft Wien in einem jahrelangen Ermittlungsverfahren, um mutmaßlich verdeckte Parteienfinanzierung der ÖVP, auf einen Sachverständigen baute, der bemerkenswerte Berührungspunkte mit der Volkspartei aufweist. Das profil stellte fest:
Georg Jeitler ist ehemaliger Schulkollege des aktuellen ÖVP-Bundesgeschäftsführers Axel Melchior und – eigenen Angaben zufolge – mit Parteichef Sebastian Kurz sowie Ex-Ministerin Elisabeth Köstinger bekannt. Außerdem sitzt seine Frau Carmen Jeitler-Cincelli seit November 2017 für die ÖVP im Nationalrat. Mit ihr ist Jeitler auch wirtschaftlich über eine gemeinsame Firma verbunden.