Das Erscheinen der neuen Sozialenzyklika „Fratelli tutti“ von Papst Franziskus wurde Anfang Oktober von den „progressiven“ Kreisen bejubelt.
Mehr Politiker als Autorität in Glaubensfragen
Mit seinem Plädoyer für Geschwisterlichkeit und soziale Freundschaft über alle Grenzen wendet er sich ausdrücklich an „alle Menschen guten Willens“ unabhängig von ihrem Glauben. Inspirieren ließ er sich nach eigenen Worten auch von Nichtkatholiken wie dem US-Bürgerrechtler Martin Luther King, dem südafrikanischen Anglikaner Desmond Tutu und Mahatma Gandhi.
Franziskus zeigt sich hier wieder einmal mehr als Politiker, denn als höchste Autorität in christlichen Glaubensfragen.
Sozialutopie für 1,3 Milliarden Katholiken
Doch als päpstliches Grundsatzdokument ist die Enzyklika vor allem für die 1,3 Milliarden Katholiken von Bedeutung. Franzskus selbst nennt sein Dokument einen „demütigen Beitrag zum Nachdenken“ – nachdenken in Richtung „globales Gemeinwohl“. Dafür fordert der Papst die Unterordnung nationaler unter die globalen Interessen.
Totale Niederlassungsfreiheit für jedermann
Solange es globale Ungleichheit gebe, sei die Aufnahme von Migranten ein notwendiger Akt der Solidarität. Es gelte
das Recht eines jeden Menschen zu respektieren, einen Ort zu finden, an dem er nicht nur seinen Grundbedürfnissen und denen seiner Familie nachkommen, sondern sich auch als Person voll verwirklichen kann.
Das fordert die totale Niederlassungsfreiheit für jedermann.
Die Bewohner der (in der Regel weißen) Zielländer kommen in seinen Gedanken nicht vor, nur insofern, als sie Einwanderer als „Bereicherung“ zu empfinden haben. Jedes Land sei laut Franziskus auch ein „Land des Ausländers“.
Globale Gleichmacherei
Doch überraschend setzt sich Franziskus in seiner dritten Enzyklika auch für das Recht auf kulturelle Identität und gegen eine globale Gleichmacherei ein. Letztere verurteilt er als Kolonialismus. Doch wie das mit der totalen Niederlassungsfreiheit zusammengehen soll, bleibt unbeantwortet.
Letztlich ist die Enzyklika ein linkes Manifest von einem politischen Papst, wie es ihn seit 500 Jahren so nicht gegeben hat.