Am Dienstag gegen 4:30 Uhr wurden die Mitglieder einer nigerianischen Sozialbetrügerbande von den Ermittlern der Operation „Sudoku“ unsanft geweckt. Die Polizisten stürmten mehrere Wohnungen, dabei wurden zahlreiche gefälschte Dokumente sichergestellt. Mit diesen hatten die Verdächtigen, drei Männer und eine Frau, jahrelang für Dritte gegen Entgelt Sprachprüfungen abgelegt. Von österreichweit insgesamt 523 Prüfungen bei entsprechenden Instituten, die nigerianische Staatsbürger in Österreich von 2017 bis 2020 abgelegt hatten, wurden 184 als gefälscht entlarvt. Wiederum 61 davon konnten den vier festgenommenen Verdächtigen sowie drei ihrer Komplizen zugeordnet werden.
Mitarbeiterin des ÖIF brachte Stein ins Rollen
Aufgefallen war die Betrugsmasche einer Mitarbeiterin des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF). Sie hatte bemerkt, dass über einen längeren Zeitraum immer derselbe Prüfling mit unterschiedlichen Dokumenten zu Prüfungen angetreten war. Die Ermittlungen gegen das Netzwerk starteten 2019. Seit Dezember des vergangenen Jahres hatte sich der Verdacht immer weiter erhärtet, bis es zum heutigen Zugriff kam. Die für die Vorlage benötigten gefälschten Dokumente wurden per Kurier und Flugzeug nach Österreich gebracht. Aufgrund der Masse der sichergestellten Dokumente geht die Landespolizeidirektion Graz davon aus, dass alleine deren Sichtung ein halbes Jahr benötigen dürfte.
Sozialbetrug in ungeahnten Höhen
Mit den zu Unrecht erworbenen Sprachzertifikaten wurde anderen nigerianischen Staatsbürgern der Bezug von Sozialleistungen ermöglicht, die sie aufgrund mangelnder Kompetenzen selbst nie erwerben hätten können. Die Täter wurden dafür fürstlich entlohnt. Der steirische FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek sieht den Grund für die Vorkommnisse auch bei der laschen Haltung der zuständigen Asyllandesrätin:
Vor allem die Mindestsicherung, aber auch viele andere freiwillige Sozialleistungen des Landes stellen in ihrer Ausgestaltung für Sozialbetrüger geradezu eine Einladung dar. Wir Freiheitliche weisen seit Jahren auf diese Missstände hin und werden in kürzer werdenden Abständen durch bekanntgewordene Sozialbetrugsfälle bestätigt, doch Doris Kampus zeigt sich am sozialromantischen Auge weiterhin blind. Dazu passt auch das neue Sozialunterstützungsgesetz, das ohne einen landesweiten Erhebungsdienst dem Sozialbetrug weiterhin Tür und Tor öffnet.
Um alle Hintergründe restlos aufzuklären, haben die steirischen Freiheitlichen eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Karl Nehammer angekündigt. Gegen die Beschuldigten wird unter anderem wegen Urkundenfälschung, Gründung einer kriminellen Vereinigung, schweren gewerbsmäßigen Betrugs und Erschleichung von Aufenthaltstiteln sowie Sozialleistungen ermittelt. Sollte der Schaden, welcher laut dem zuständigen Einsatzleiter im sechsstelligen Euro-Bereich liegt, die 300.000 Euro überschreiten, beträgt der Strafrahmen bis zu zehn Jahre Haft.