In der ehemals weltlich und westlich orientierten Türkei schreitet die Islamisierung weiter fort. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan macht ernst; er möchte die Hagia Sophia, das alte Wahrzeichen der vormals christlichen Weltstadt Konstantinopel, das derzeit Museum ist, wieder in eine Moschee umwandeln.
Höchstgericht als letzte Entscheidungs-Instanz
Derzeit prüft das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei die Umwandlung. Wie der Sender ntv berichtete, wird die Entscheidung über den auch in der Türkei durchaus umstrittenen Antrag innerhalb der nächsten 15 Tage bekanntgegeben. Der imposante Kuppelbau war zwölf Jahre nach der Republikgründung durch Kemal Atatürk 1935 in ein Museum umgewandelt worden und ist seither offen für Besucher aller Religionen.
Präsident Erdoğan hatte im Juni erklärt, das höchste Verwaltungsgericht solle über den Status des Unesco-Weltkulturerbes entscheiden. “Nach dem Urteil werden die notwendigen Schritte unternommen”, fügte er hinzu.
Erdoğan will “Fehler” korrigieren
Seit dem Amtsantritt seiner islamischen Regierung im Jahr 2002 hat es immer wieder Bestrebungen gegeben, die Hagia Sophia wieder als Moschee zu nutzen. Es sei ein “großer Fehler” gewesen, das Wahrzeichen nach der Republikgründung in ein Museum umzuwandeln, erklärte Erdoğan vergangenes Jahr in einem Interview mit einem Fernsehsender.
Der auf türkisch Ayasofya genannte Bau (der griechische Name Hagia Sophia bedeutet “heilige Weisheit”) mit der 55 Meter hohen Kuppel war im 6. Jahrhundert unter Kaiser Justinian als Basilika errichtet und über Jahrhunderte für die Krönung der byzantinischen Kaiser genutzt worden. Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453 wurde die Kirche in eine Moschee umgewandelt und um vier Minarette ergänzt. Die Umrüstung in ein Museum war eine zentrale Reform der modernen Republik unter der Führung des säkularen Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk.