Es vergeht kaum eine Woche in der Türkei, in der die Macht der Erdogan-Regierung nicht ausgeweitet wird. Aktuell ließ der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan die Kompetenzen einer 2016 geschaffenen „Hilfspolizei“ weiter ausweiten. Das Parlament beschloss mit den Stimmen der Regierungspartei AKP und ihrer Verbündeten, dass die Mitglieder der sogenannten „Wächter-Milizen“ Schusswaffen tragen und auch einsetzen dürfen.
Darüber hinaus dürfen die „Wächter“ bis zum Eintreffen regulärer Polizeieinheiten in der Öffentlichkeit Maßnahmen setzen, um etwa Proteste oder Demonstrationszüge zu verhindern, die die „öffentliche Ordnung“ stören könnten. Verdächtige können ab sofort von den „Wächtern“ festgehalten und durchsucht werden.
20.000 „Wächter“ sind derzeit in der Türkei im Einsatz
Nach Angaben des türkischen Innenministeriums vom Jänner sind aktuell nicht weniger als 20.000 „Wächter“ in der Türkei als „Hilfspolizei“ im Einsatz. Die Grundlage dieser Einrichtung ist historisch eigentlich der Einsatz von „Nachtwächtern“, die am Abend und in der Nacht in Gebieten, wo keine Polizeikräfte stationiert sind, für Ordnung sorgen und Delikte wie Diebstähle und Einbrüche verhindern sollen.
Seit dem mutmaßlichen „Putschversuch“ im Sommer 2016 hat Erdogan diese „Wächter-Milizen“ massiv ausgebaut und aufgerüstet. Um Teil dieser „Hilfspolizei“ zu sein, muss man sich einer dreimonatigen Ausbildung unterziehen.
Opposition sieht politische Privatarmee Erdogans
Die sozialdemokratische Oppositionspartei CHP und die Kurdenpartei HDP sehen in den „Wächter-Milizen“ eine Privatarmee Erdogans und der Regierungspartei AKP. Im Zuge der Debatte um die Kompetenzerweiterung für die Erdogan-„Hilfspolizisten“ kam es sogar zu Prügeleien zwischen Regierungs- und Oppositionsabgeordneten im Parlament in Ankara.
Türkische Menschenrechtsorganisation warnen ebenfalls vor der Kompetenzerweiterung für die „Wächter“, die durch ihre Sonderstellung nur schwer zu kontrollieren seien und damit für den Rechtsstaat eine Gefahr darstellten.