Ende Oktober 2019 wurde bekannt, dass Strophen mit mutmaßlich rechtsradikalen Inhalten in Liederbüchern von ÖVP nahen Verbindungen zu finden sind. Liederbücher sind beliebte Utensilien an gemeinsam verbrachten Verbindungsabenden. Sie werden sowohl vom Mittelschüler Kartell-Verband der katholischen, farbentragenden Studentenkorporationen Österreichs (MKV), als auch vom Österreichischen Cartellverband (ÖCV) verwendet.
Medial kaum aufgegriffen
Konkret geht es um jene Textpassage:
Es lagen die alten Germanen zu beiden Seiten des Rheins. Sie tagen auf Bärenhäuten und tranken immer noch eins. Da trat in ihre Mitte ein Römer mit deutschem Gruß: „Heil Hitler, ihr alten Germanen, ich bin der Tacitus. Da hoben die alten Germanen zum Gruß die rechte Hand. Heil Dir, du Bruder der Achse, du bist uns anverwandt!
Medial wurde die Thematik, die bei den gleichen Liederbüchernn in nationalen Verbindungen für riesigen mediallen und politischen Wirbel sorgte, bei den ÖVP-nahen Verbindungen kaum aufgegriffen. Dies ist angesichts der Tatsache, dass einige namhafte Politiker Mitglieder in MKV oder ÖCV Verbindungen sind, doch sehr erstaunlich.
Prominente Mitglieder vor allem in der Politik
Unter der prominenten Mitgliederliste finden sich unter anderem Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, der ÖVP-Abgeordnete Nikolaus Berlakovich sowie der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer junior, einer der Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, ebenso wie der ehemalige österreichische Vizekanzler Michael Spindelegger.
Erklärung des MKV widerlegt
Stellungnahmen gab es von keiner dieser Personen. Nur Hermann Schützenhöfer ließ verlautbaren, dass er doch lediglich Ehrenmitglied seiner Verbindung sei. Beigetreten sei er jedoch nie. Der Kartellverband des MKV beteuerte außerdem, dass es anstelle jener inkriminierten Stelle in seinen Liederbüchern folgende Erklärung gebe: „Dieser parodistische Text zur älteren Melodie bespöttelt übertriebene Deutschtümelei, insbesondere Nazismen und Rassenlehre”. In einer darauffolgenden parlamentarischen Anfrage der FPÖ wurde dies jedoch eindeutig widerlegt. Wie anhand einiger Belegexemplare des Liederbuchs klar zu erkennen ist, erfolgte der Druck der Bücher im Jahr 1999 nämlich ohne entsprechenden Hinweis, dieser wurde offensichtlich zu einem späteren Zeitpunkt eingeklebt.
Erneute Anfrage der FPÖ
Die FPÖ lässt nicht locker und pocht auch nach bereits erfolgten Anfragen erneut auf konkrete Antworten des Justizministeriums. Bisher wurden von diesem keine Weisungen erteilt, geschweige denn Ermittlungen gegen oben genannte Einzelpersonen angeregt. Der damalige Übergangs-Justizminister Clemens Jabloner sprach lediglich von einer Anfangsverdachtsprüfung sowie von zweckmäßigen Ermittlungen gegen unbekannte und derzeit auszuforschende MKV-Verantwortliche durch die Staatsanwaltschaften Wien und Graz. Wie es in der Causa nun tatsächlich weitergeht, ist ungewiss und wird von der neuen Justizministerin Alma Zadić zu beantworten sein.