Man kennt es aus Gerichtsverfahren gegen Verbrecherorganisationen. Plötzlich können sich Zeugen an nichts mehr erinnern oder sie haben die Angeklagten dann doch nicht so genau gesehen. Ein ähnliches Verhaltensmuster zeigt uns nun die Gesundheitsorganisation der Vereinten Nationen, die WHO.
TTIP lässt Grüßen: Gift soll weiter verkauft werden
In der Europäischen Union steht in dieser Woche die Entscheidung zur Verlängerung der Zulassung des Pflanzengiftes Glyphosat des US-Agrarchemieskonzerns Monsanto auf dem Programm. Monsanto vertreibt das Gift unter dem Produktnamen Roundup in der ganzen Welt. Systematisch hat man die Bauern bereits in eine fatale Abhängigkeit von diesem Pflanzengift und dem darauf abgestimmten Saatgut gebracht. Ein Verbot von Glyphosat in der EU würde für Monsanto und andere Agrarkonzerne, die das Gift anbieten, daher Verluste in Milliardenhöhe bedeuten. Die Bauern müssten sich auf andere Produktionsmethoden umstellen. Entsprechend groß dürfte der Druck auf die Entscheidungsträger von Seiten der Lobbyisten sein.
Glyphosat für WHO plötzlich unbedenklich
Basierend auf den Ergebnissen einer wissenschaftlichen Studie hatte die Internationale Behörde für die Krebsforschung (IARC) im März 2015 Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. IARC ist Teil der Gesundheitsorganisation der Vereinten Nationen und es ist anzunehmend, dass dieses Ergebnis nicht im Sinne der Giftlobby war, umso mehr, als es weltweit Zulassungsgegnern als Argumentationsgrundlage gedient hat. Doch nun kam ein Schwenk um 180 Grad: Die Nachrichtenagentur Reuters meldet, dass die WHO plötzlich der Meinung ist, dass es unwahrscheinlich sei, dass Glyphosat bei der Nahrungsaufnahme für Menschen ein Krebsrisiko darstelle. Die Chemikalie löse vermutlich auch keine Veränderungen des menschlichen Erbguts aus. Experten der WHO und der Welternährungsorganisation FAO sollen dies festgestellt haben. Damit widerspricht die Organisation plötzlich ihren eigenen Forschungsergebnissen vom letzten Jahr. Was diesen Sinneswandel wohl ausgelöst haben könnte?
EU-Staaten bisher uneins
In der Europäischen Union hat sich das Parlament bereits mehrheitlich für die Zulassung des Pestizids um weitere 7 Jahre ausgesprochen. Ob sich unter den Mitgliedsstaaten eine Mehrheit findet, soll noch unklar sein. Es steht eine Verlängerung um 9 Jahre im Raum. Frankreich will eine Verlängerung der Zulassung allerdings ablehnen, in Deutschland ist der CSU-Agrarminister dafür, die SPD-Umweltministerin dagegen. Österreichs Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter will seine Entscheidung von der Empfehlung der österreichischen Experten der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) abhängig machen.