Erdogan-Anhänger wollten Sonntagabend in Linz in den Räumlichkeiten eines bosnischen Kulturvereins eine Propagandaveranstaltung für das umstrittene Verfassungsreferendum abhalten. Die Bosnier fühlten sich getäuscht und luden sie wieder aus.
Von Türken getäuscht
Der in Linz ansässige bosnische Verein NUR fühlt sich von den Türken hintergangen. Die Organisatoren der Veranstaltung hätten laut einer Vereinsmitarbeiterin bei der Anmietung des Saals verschwiegen, was tatsächlich geplant war – nämlich ein Wahlkampfauftritt vor “Austro-Türken”, bei dem der AKP-Abgeordnete Muhammet Müfit Aydin Stimmung für das umstrittene Referendum machen sollte. "Da wollte uns jemand für politische Zwecke missbrauchen. Das lassen wir aber nicht zu”, zitieren die Oberösterreichischen Nachrichten die Bosnier.
Polizei bleibt wachsam
Laut Landespolizeidirektor Andreas Pilsl kann man nicht ausschließen, dass Erdogan-Anhänger und -Gegner trotz der Absage der Veranstaltung bei dem Vereinslokal auftauchen und aufeinandertreffen könnten. Daher werde die Polizei dort Stellung beziehen.
Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Veranstaltung andernorts trotzdem stattfinden wird. Denkbar sei eines der Vereinslokale des Türkisch-Islamischen Kulturvereins Atib in Linz und Umgebung.
Bundesregierung auch hinsichtlich Türkenauftritten uneinig
In der österreichischen Bundesregierung übt man sich unterdessen auch bei diesem Thema im koalitionären Streit. Während ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka ein allgemeines Auftrittsverbot für ausländische Politiker ins Spiel brachte, lehnt man dieses Ansinnen von Seiten der SPÖ ab. Alternativ äußerte SPÖ-Kanzleramtsminister Thomas Drozda letzten Freitag einen eigenen Vorschlag. Demnach sollen Veranstaltungen, die “außenpolitischen Interessen oder den hiesigen Gepflogenheiten und Rechtsgrundsätzen” zuwiderlaufen, untersagt werden können.
HC Strache weist auf bestehende Auftrittsverbote hin
Als Ergebnis ist zu erwarten, dass gar nichts geschehen wird und Erdogans Parteigänger von der Regierung ungestört ihre Propaganda-Auftritte in Österreich absolvieren werden. "Wenn man will, kann man", wies Oppositionsführer HC Strache am Sonntag in der ORF-Pressestunde darauf hin, dass es schon jetzt ausreichende gesetzliche Möglichkeiten gebe, derartige Veranstaltungen zu verhindern oder zu verbieten – etwa wegen Sicherheitsbedenken.