Hunderttausende Migranten warten in Libyen auf eine Gelegenheit nach Europa zu kommen. Nur eine starke Regierung könnte sie aufhalten.

10. März 2020 / 16:00 Uhr

Kein Frieden in Libyen

Der Machtkampf in dem gebeutelten nordafrikanischen Land Libyen ist noch immer nicht zu Ende. Am 9. März sagte der Sprecher der oppositionellen libyschen Nationalarmee (LNA), General Ahmed Mismari, dass die Kämpfer der Regierung der Nationalen Vereinbarung (GNA), unter Fayiz as-Sarradsch, eine groß angelegte Offensive gegen Positionen der LNA gestartet hätten. Arabische Medien haben diese Information bestätigt. Dort heißt es unter anderem:

Die Milizen der in Tripolis ansässigen Regierung des Nationalen Abkommens (GNA) zielen auf zivile Häuser, und die LNA schreitet unter Deckung der Luftwaffe voran.

Waffenstillstandsabkommen brüchig

Beobachtern zufolge haben die GNA-Kräfte eine Offensive in Richtung der Städte Al-Wishqa und Abu Qurain gestartet. Sie wurden Zeugen von Zusammenstößen mit dem Einsatz schwerer Artillerie. Das Waffenstillstandsabkommen, welches infolge des Angriffs der Kämpfer der GNA zerbrach, fiel mit dem Besuch des Kommandeurs der LNA, General Chalifa Haftar, in Paris zusammen, wo er Unterstützung für einen politischen Dialog zu gewinnen beabsichtigt. Vor einer Woche sagte der Innenminister der GNA, Fathi Bashaga, in einem Interview mit Reuters, dass er “auch zum Angriff übergehen wird, weil es keine Hoffnung auf einen Waffenstillstand gibt”. Er erklärte auch, dass das GNA in den kommenden Tagen „auf jeden Fall“ eine militärische Offensive starten werde.

Al-Kaida kämpft für libysche Regierung

Seit dem Frühjahr letzten Jahres versucht die LNA, die Hauptstadt Tripolis zu erobern. Tripolis ist Sitz der GNA, die von der UNO als anerkannte Regierung angesehen wird. Ihre Legitimität ist jedoch in Frage gestellt, da die GNA ihren Verpflichtungen bis zum Frühjahr 2018 nicht nachgekommen ist. Die GNA setzt sich aus Politikern zusammen, die der radikal-sunnitischen Muslimbruderschaft nahestehen, einer extremistischen Organisation, die in vielen arabischen Ländern verboten ist. Die Machtbasis der GNA wird zudem von Feldkommandeuren gestützt, die mit terroristischen Gruppen in Verbindung stehen.

Nach Informationen, die von den sudanesischen Medien unter Bezugnahme auf Dokumente des sudanesischen Geheimdienstes verbreitet wurden, seien Al-Kaida-Kämpfer im Sudan ausgebildet und dann zur Unterstützung der GNA nach Tripolis geschickt worden. Die LNA hat wiederum die Türkei wiederholt beschuldigt, Al-Kaida-Kämpfer nach Libyen zu schicken. Dies wurde von Seiten der GNA mittlerweile bestätigt.

Türkei mischt auf Seiten der Islamisten mit

Am 8. Januar 2020 haben der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan zu einem Waffenstillstand in Libyen aufgerufen. Wenige Tage später erklärten sich die verfeindeten Seiten bereit, den Waffenstillstand umzusetzen. Am 19. Januar sprachen die Teilnehmer der Berliner Libyen-Konferenz auch über die Bedeutung der Aufrechterhaltung des Waffenstillstands und des UN-Waffenembargos gegen Libyen. Seither haben die GNA-Kräfte jedoch wiederholt gegen den Waffenstillstand verstoßen, indem sie die Positionen der LNA beschossen haben. Die Türkei hat weiterhin gegen das UN-Embargo verstoßen, indem sie den GNA-Truppen jene schweren Waffen geliefert hat, die für eine groß angelegte Offensive erforderlich sind. Vertreter der GNA zogen sich auch aus den politischen Verhandlungen über eine libysche Friedensregelung in Genf zurück, woraufhin der UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Ghassan Salame, zurücktrat. Sollte General Ahmed Mismari gewinnen, besteht die Möglichkeit, dass im Land endlich wieder Frieden herrscht und damit auch ein Einfallstor für Asylanten nach Europa geschlossen wird.

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