Es gibt viele Lehrlinge, die zusätzlich zu ihrer Berufsausbildung etwas lernen wollen und trotz 40-Stunden-Woche im Betrieb und Berufsschule parallel auch noch die Berufsmatura absolvieren. Aber noch mehr lernbereite Jugendliche würden sich für die Lehre entscheiden, wenn das Angebot für sie besser wäre. Es fehlt das klare staatliche Bekenntnis, dass die Lehre ein gleichberechtigtes und gleichwertiges Ausbildungsmodell mit der Schullaufbahn oder auch mit einem Studium ist. Während der Staat bei Schülern und Studenten zu seiner Verantwortung steht und Ausbildung finanziert, sieht es bei den Lehrlingen wesentlich schlechter aus. Die finanzielle Beteiligung des Staates richtet sich hier nach Angebot und Nachfrage am Lehrstellenmarkt. Suchen viele Jugendliche vergeblich einen Lehrplatz, so wird nach Bedarf mit Förderungen für Unternehmen oder mit überbetrieblichen Ausbildungszentren gegengesteuert. Kaum sind die akuten Probleme einigermaßen behoben, lehnt sich der Staat entspannt zurück und dreht den Geldhahn wieder zu. So wie letztes Jahr mit der Abschaffung des Original-Blum-Bonus.
Mit der Diskriminierung der Lehrlinge muss endlich Schluss sein! Es ist ein Gebot der Fairness, Lehrlinge gleich gut zu behandeln wie Schüler. Dazu gehört, dass der Staat die Internatskosten während des Berufsschul-Besuchs übernimmt. Dazu gehört, dass dem Lehrling die Kosten für die Berufsmatura ersetzt werden. Dazu gehört auch, dass das duale Ausbildungssystem durch attraktive Zusatzleistungen ergänzt wird: etwa durch die Möglichkeit, kostenfrei Führerscheinkurs und –prüfung zu absolvieren oder wie Studenten auch im Rahmen von Auslandspraktika internationale Erfahrung zu sammeln.
Auch wenn die Wirtschaftskrise es momentan anders erscheinen lässt: Die Wirtschaft wird schon bald wieder mehr gut ausgebildete Fachkräfte benötigen. Die Zahl der 15jährigen geht ab heuer wegen der demographischen Entwicklung zurück. Wenn wir uns nicht völlig von ausländischen Arbeitskräften abhängig machen wollen, müssen wir das Ausbildungsmodell Lehre deutlich aufwerten.