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21. September 2009 / 12:25 Uhr

Die ausgeblendeten Facetten des Tirol-Umzugs

Der Landesfestumzug in Innsbruck war ein großes Bekenntnis zur Tradition des Landes Tirol. Weil die VP-Politiker die Parole einer gemeinsamen europäischen Zukunft ausgaben, blieben die Wunden der Vergangenheit unbehandelt und wurden vom diensteifrigen ORF-Landesstudio Tirol gekonnt ausgeblendet.

So war die österreichweite Übertragung des Umzugs eine sympathische folkloristische Angelegenheit, bei der die schwarzen Politiker mit leeren Floskeln die weiter bestehende Teilung des Landes thematisch aussparten. Als die Kameras dann nur noch fürs Tiroler Publikum filmten, rückten auch die kritischen Stimmen ins Bild mit Transparenten wie "Los von Rom!" oder "Selbstbestimmung für Südtirol". Jene Gruppen, die auf das fortwährende Unrecht der Teilung Tirols aufmerksam machten, wurden vom Publikum hörbar mit mehr Applaus bedacht. Der Protest war teilweise sehr subtil und nur für Kenner der Südtirol-Problematik erkennbar. Einige Beispiele:

-) Mit zerrissenen Herzen und schwarzen Binden verliehen Festzugsteilnehmer ihrer Trauer über die Teilung Tirols Ausdruck. Die schwarzen Binden in Gedenken an Andreas Hofer, die normalerweise nur von den Südtiroler Schützenkompanien getragen werden, sah man auch bei vielen anderen Traditionsverbänden, auch bei vielen Frauen.

-) Die ladinische Minderheit aus Cortina und Ampezzo forderte die Reintegration ihrer Gebiete in die Provinz Südtirol, von der sie willkürlich abgetrennt wurden.

-) Welschtiroler Gruppen aus dem Trentino trugen Transparente mit Tirol-Karten von Kufstein bis Borghetto und dem zweisprachigen Hinweis, dass es nur ein Tirol gebe

-) Auf einem Transparent waren die Namen aller Tiroler Freiheitskämpfer von Andreas Hofer bis zu den "Dinamitardi" der Sechziger Jahre vermerkt – verbunden mit dem Appell an Italien, endlich die Südtirol-Aktivisten zu begnadigen und zu rehabilitieren.

Wie stark weiterhin in der italienischen Zentralregierung das Misstrauen gegenüber den Südtirolern ausgeprägt ist, zeigt diese Anekdote: Die Südtiroler Schützen, die ohnehin erst seit zwei Jahren wieder Waffen tragen dürfen, bekamen keine Genehmigung, ihre Gewehre über den Brenner nach Innsbruck zum Festumzug zu bringen. Die Waffen mussten über den Felbertauern eingeführt werden.

Als Resümee des Umzugs bleibt: Die Harmonie war inszeniert. Die Bevölkerung hat ein gutes Gespür für das weiter bestehende historische Unrecht. So lang in Südtirol die Selbstbestimmung nicht verwirklicht ist, bleibt Österreich als Schutzmacht weiter gefordert.

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