Die kleinen und mittleren Unternehmen leiden massiv unter der Wirtschaftskrise – und auch unter der verfehlten Politik der Bundesregierung. Während für die Banken alle Schleusen geöffnet wurden, damit sie das dringend benötigte Kapital rasch erhalten und aus der teilweise selbstverschuldeten Krise herauskommen, werden die KMU stiefmütterlich behandelt. Auf Einladung des Freiheitlichen Parlamentsklubs diskutierten am 26. Jänner im Palais Epstein Experten über das Thema "Mittelstandsfinanzierung" und mögliche Wege aus dem Dilemma.
HC Strache: Keine Steuererhöhungen!
FPÖ-Parteichef HC Strache übte eingangs heftige Kritik an der Regierung. Es könne nicht sein, dass jetzt schon wieder über Steuererhöhungen diskutiert werde, wo Österreich mit einer Steuer- und Abgabenquote von 42 Prozent schon im weltweiten Spitzenfeld liege.
Die Experten zeichneten in der Diskussion ein erschütterndes Bild der aktuellen Lage. FPÖ-Wirtschaftssprecher Bernhard Themessl präsentierte die aktuelle Insolvenzstatistik, die schon 2009 einen Anstieg der Firmenpleiten um fast 15 Prozent ausweist. Und dabei soll es heuer noch viel schlimmer werden. Im Vergleich zum 100-Milliarden-Bankenpaket seien die KMU mit der "Mittelstandsmilliarde" abgespeist worden. Diese Zahlungen an die Banken sind zudem an keinerlei Bedingungen geknüpft. Banken wurden nicht verpflichtet, dem Mittelstand Kredite zumindest im Volumen der in Anspruch genommenen Hilfszahlungen zur Verfügung zu stellen. Dieses Versäumnis macht sich mittlerweile dramatisch bemerkbar, täglich müssen 45 KMUs Konkurs anmelden.
Erschwert wird die Lage durch die Kreditvergaberichtlinien nach Basel II, durch die sich die Europäische Union eine unnötige Last aufgebürdet hat. Laut Dr. Richard Zundritsch vom Hayek-Institut seien diese Regeln nie zur Prüfung kleiner und mittlerer Unternehmen gedacht gewesen. Während sie in Amerika nur für wirkliche Großkredite gelten, werde in Österreich mittlerweile jeder kleine Bäcker oder Schuster nach Basel II geprüft. Für Zundritsch ist es daher dringend nötig, die Eigenkapitalbasis der heimischen Unternehmen zu stärken – durch stärkeren Einsatz von Risikokapital, aber auch durch mehr steuerliche Anreize, die Gewinne im Unternehmen zu belassen und so Eigenkapital aufzubauen.
Schockierend war der Blick auf die österreichische Förderpraxis, den der ehemalige Geschäftsführer der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS), Dr. Horst Bednar, gewährte. Die Bearbeitungszeiten seien seit dem Ende seiner Tätigkeit im Jahr 2007 signifikant länger geworden und läge mittlerweile oft bei mehr als einem halben Jahr. Kaum ein Unternehmen kann es sich leisten, so lange auf eine Zusage zu warten. Darüber hinaus seien die Antragsmodalitäten so kompliziert, dass die meisten Firmen ohne professionelle Hilfe damit nicht zu Rande kämen. Unter diesen Umständen ist es auch nicht verwunderlich, dass im Vorjahr mehr als hundert Millionen Euro gar nicht in Anspruch genommen wurden. Bednar kritisierte auch den fehlenden Mut der Politik, selbst als Kreditgeber aufzutreten, um die oft als Hindernis agierenden Banken zu umgehen. Offenbar sei die Bankenlobby im Land so stark, dass die Direktvergabe oder auch die Förderung mit Risikokapital in Österreich nicht angeboten würden, obwohl gesetzlich möglich und zum Teil schon beschlossen.
Für Dr. Barbara Kappel, Spitzenkandidatin der FPÖ pro Mittelstand bei der Wirtschaftskammer-Wahl in Wien, müsse die Politik auf die katastrophale Lage der Wirtschaft mit entschlossenen Schritten reagieren. Steuern müssten runter, unnötige Abgaben gestrichen werden. Basel II sei zumindest vorübergehend völlig auszusetzen. Kappel forderte deutlich mehr Geld für die KMU und schlug einen Österreich-Fonds vor: "Warum kann man nicht aus dem riesigen Bankenpaket 10 oder 20 Milliarden umleiten und einen Fonds zur Eigenkapitalstärkung der heimischen Unternehmen auflegen?"
Die Diskussion bestärkte den Eindruck, dass die Politik der Regierung für die KMU sich auf schöne Worte beschränkt. Von schneller Hilfe kann keine Rede sein. Kein Wunder, dass die Unternehmer herb enttäuscht sind, wie sie es unlängst im Rahmen einer großen KMU-Studie klar zum Ausdruck brachten.