„Belgien beschließt Burka-Verbot“, so berichten die Medien heute über den ersten Vorstoß eines EU-Landes zu einer seit Wochen in ganz Europa stattfindenden Diskussion. Der belgische Parlamentsbeschluss von gestern sollte nicht nur wegen seiner breiten Einhelligkeit (136 Pro-Stimmen, 2 Enthaltungen) ein Vorbild für Österreich sein, wo die noch vorherrschende Verwirrung um Fachbegriffe zu einer peinlichen Fußangel werden könnte.
Die weltweiten religiösen Kopfbedeckungen sind eine eigene Wissenschaft. Es soll an dieser Stelle nur auf die wenigen für uns relevanten eingegangen werden. Im Koran wird einige Male auf die Bekleidungsvorschriften für Frauen Bezug genommen, die Interpretation ist wie das meiste andere umstritten. Das Kopftuch (auch Tschador oder Hidschab) ist die sichtbarste Variante in Österreich. Eher selten ist die lockerere Form des Turban. Bei uns wird er zumeist mit männlichen Trägern assoziiert, die markanteste Form ist wohl der Turban der Sikhs. Muslimische Frauen binden den Turban nicht so aufwändig und lassen meistens einen Teil des Stoffs als Schal über eine Schulter fallen.
Ob die jeweilige Trägerin von Kopftuch oder Turban streng religiös ist, sieht man sofort am Untertuch, dem Boné. Dieses soll ausnahmslos alle Haare verdecken und ein Verrutschen des Obertuchs verhindern. Für die derzeitige Verbotsdiskussion von Belang sind Nikab (auch Niqab, Foto rechts) und Burka (Foto links). Beim Nikab unterscheidet man zwischen „halbem“ (ein Sehschlitz für die Augen bleibt frei) und „vollem“ (das ganze Gesicht wird abgedeckt). Die „Hardcore“-Variante, die durch die afghanischen Taliban bei uns bekannt wurde, ist die Burka. Es wird nicht nur das ganze Gesicht, sondern überhaupt der gesamte Körper verhüllt.
Im belgischen Parlamentsbeschluss werden weder Burka noch Nikab erwähnt, sondern er verbietet „das Tragen jedes Kleidungsstückes, das das Gesicht ganz oder hauptsächlich verhüllt“. Wie die österreichischen Medienberichte über die Burka samt Nikab-Illustrationen zeigen, ist die Unterscheidung hierzulande noch nicht gegenwärtig. Das ist aber ein wichtiges Detail, sollte der Gesetzgeber aktiv werden (das bereits bestehende Vermummungsverbot gilt nur für Demonstrationen). Während des Wiener Terror-Prozesses wurde die Halb-Nikab-Trägerin Mona S. wegen der Weigerung, ihr Gesicht zu zeigen, des Saales verwiesen. Bei einem Gesetz nur gegen die Burka könnten künftig kurioserweise Trägerinnen eines halben Nikab Richtern und anderen Behörden die lange Nase zeigen…
Fotos: Steve Evans