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28. Mai 2010 / 14:15 Uhr

Halbe Million Euro für Webseitenbaustelle des Parlaments

2008 wurde von der Parlamentsdirektion ein Projekt zur Neugestaltung des Internetauftritts gestartet. Voraussichtlich im Spätsommer 2010 soll der Neustart stattfinden. Mittlerweile sind dafür aber nicht unwesentliche Kosten in der Höhe von 453.613, 22 Euro angefallen. Nicht alle Leistungen für die Noch-Baustelle der Webseite scheinen bei genauerer Betrachtung gerechtfertigt.

Unzensuriert.at nimmt eine parlamentarische Anfrage des FPÖ-Abgeordneten Norbert Hofer und deren Beantwortung durch die Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) zum Anlass, um eine genaue Aufschlüsselung der bisherigen Kosten vorzunehmen. Besonders hohe Positionen an externe Dienstleister lassen dabei die Vermutung aufkommen, es könnte das Bundesvergabegesetz umgangen worden sein.

Fünf Internetagenturen wurden im Sommer 2008 durch einen dem Projekt beigezogenen Kommunikationsberater ausgewählt. Eine Kommission, bestehend aus Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, wählte schließlich drei Firmen zu einer Eigenpräsentation und einem Verhandlungsverfahren aus. Dabei fiel der Zuschlag auf die Firma „Fonda Interaktive Medien und Kommunikation GmbH“ aus Wien. Sie konnte „den ersten Platz in allen vier beurteilten Kategorien Startseite, Design und Optik, technische Umsetzbarkeit und Qualität sowie übergeordnete Kommunikationsziele erzielen“, erklärt Prammer in der Anfragebeantwortung.

Als Vergabeverfahren wurde ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung, sprich Ausschreibung, gewählt. Das kann für Dienstleistungen gewählt werden, wenn der geschätzte Auftragswert 60.000 Euro (netto) nicht übersteigt. Der geschätzte Auftragswert lag nach Angaben Prammers unter diesem Betrag.

Eine erste Überraschung erfolgte sogleich bei den tatsächlichen Kosten. Für das Basispaket fielen nämlich 71.708 Euro (brutto) an. Schon damit schrammt man knapp an den gesetzlich vorgeschriebene Auftragswert für Dienstleistungen nach dem Vergabegesetz heran und liegt weit über dem geschätzten Auftragswert der hauseigenen Kommission. Eine klassische Fehleinschätzung also, doch dabei allein bleibt es bei weitem nicht.

In dem Basispaket dürfte nämlich kaum etwas enthalten gewesen sein. Für eine bessere Skalierbarkeit der Startseite, eine „Lightbox“ zur optimalen Darstellung von Fotos, diverse Internet-Applikationen, eine Personalisierung der Website und einen Web- und Redaktionsguide mussten nochmals 59.955,20 Euro bezahlt werden. Die technische Umsetzungsbegleitung schlug mit 38.400 Euro zu Buche. Auch damit nicht genug.

Eine Volltextsuche kostete 52.502,02 Euro an Hardwarekosten und 135.000 Euro an Lizenzkosten, beschafft über Rahmenverträge der Bundesbeschaffungsgesellschaft. Zur Installation und Konfiguration der Volltextsuche fielen zusätzlich 54.048 Euro an. Die hausinternen Entwicklungstätigkeiten für die neue Webseite werden aus dem laufenden EDV-Aufwand gedeckt und sind daher nicht konkret zu beziffern.

Zusätzliche Kosten werden voraussichtlich noch für Übersetzungen in Gebärdensprache, Übersetzungen für das englischsprachige Angebot, redaktionelle Arbeiten sowie für die Herstellung diverser Videos anfallen, verrät Prammer. Und für einen Sicherheits-Check und die weitere technische Umsetzungsbegleitung beim Neustart des Parlamentsauftritts fallen dann nochmals 20.000 Euro bzw. 22.000 Euro an. Weitere Kosten für die Weiterbetreuung sind darüber hinaus noch fraglich.

Insgesamt sind das Kosten von 453.613,22 Euro, die sich nach ehrlicher Berechnung, also auch nach Berücksichtigung der internen Kosten, allerdings noch in Richtung Millionenhöhe bewegen werden. Die Parlamentswebseite ist ähnlich wie das ehrwürdige Haus selbst, eine sündteure Baustelle.

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