Vor dem Begräbnis kommt die Leichenfledderei. Keine 24 Stunde nach Hans Dichands Tod hat die Verlagsgruppe WAZ ihr Interesse am Kauf von dessen Hälfte-Anteil an der Krone bekundet. Jetzt wo der starrköpfige Alte nicht mehr ist, mag man sich beim finanziell zuletzt angeschlagenen Medienkonzern denken, ist die "Kronen Zeitung" wieder eine gute Option.
Kommentar von Alexander Höferl
Das WAZ-Angebot trifft wohl zeitgleich mit der ohnehin geheuchelten Beileidsbekundung ein und ist daher besonders widerlich. Dabei sind schon die nackten Zahlen eine glatte Beleidigung: Hatte die WAZ von Dichand zuletzt 200 Millionen für ihre 50 Prozent verlangt, so will sie für die andere Hälfte nicht mehr bezahlen, als Dichand selbst angeboten hatte: dem Vernehmen nach 130 bis 160 Millionen.
Doch die Hoffnung, mit den jungen Dichands ließe es sich einfacher verhandeln als mit dem Senior, erweist sich für dei WAZ-Granden als trügerisch. "Wir denken nicht daran, etwas zu verkaufen", teilt die Familie mit. Das ist zwar noch keine Garantie für die Beibehaltung der Blattlinie, aber zumindest ein Signal, man wolle nicht das Lebenswerk Dichands samt seinen journalistischen Grundsätzen an den Gutmenschen-Medienkonzern verhökern. Der würde wohl keine paar Monate brauchen, um die Krone in die Phalanx ihrer beliebig miteinander verwechselbaren Konkurrenzblättchen einzugliedern.
Wenn man liest, was Gerfried Sperl im "Standard" über Dichands Tod und die ihm gebührende Ehrerbietung durch Kardinal Schönborn schreibt, dann wirkt die Vorstellung einer inhaltlichen Übernahme der Kronen Zeitung noch beklemmender: "Dichand war zweifellos ein Blattmacher der Sonderklasse, gleichzeitig aber ein brutaler Populist, der vor dem Einsatz von Rassismus und Antisemitismus nicht haltmachte, wenn es um Auflage und Geschäft ging. Das hätte der Kardinal nennen müssen", belehrt Sperl den Erzbischof – und spuckt Dichand, dem er und seine verbissenen Kollegen niemals das Wasser reichen konnten, noch ins Grab nach.