Es hätte der große Coup für die schwarz-grüne Koalitionsregierung in der Hansestadt Hamburg werden können. In seltener Einigkeit mit allen anderen Parteien wollte man unter anderem die vierjährige Grundschule durch eine sechsjährige Primarschule ersetzen. Bei dem abgehaltenen Volksentscheid vergangenen Sonntag zog der Souverän jetzt allerdings die Notbremse und verhinderte das Gesamtschulmodell.
Als Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) am Sonntagabend seinen Rücktritt erklärte, wusste er noch nichts von dem katastrophalen Ergebnis, dass bald zu Tage kam. Noch während seiner Rücktrittserklärung erwähnte von Beust, dass das Ergebnis der Abstimmung über die Schulreform auch sein Ergebnis sein werde.
Wenige Minuten später die ernüchternden Zahlen: Nur 218.065 Hamburger (45,5 Prozent) stimmten für die Schulreform, die bis 2016 rund 427 Millionen Euro gekostet hätte. 276.304 Bürger (58 Prozent) waren gegen die Pläne des Senats und votierten für den Vorschlag der Bürgerinitiative „Wir wollen lernen“ des Medienanwalts Walter Scheuer, selbst Vater schulpflichtiger Kinder. Diese hatte bereits Ende 2009 sensationellen Zulauf bei einem Volksbegehren. Innerhalb von drei Wochen wurden 184.000 Unterschriften für ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Lernen gesammelt. Die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei 39 Prozent.
Mit der ideologisch indoktrinierten Gesamtschule des schwarz-grünen Senats hätten die Real- und Hautschulen abgeschafft und durch Schulen in den einzelnen Stadtteilen sowie sechsstufigen Gymnasien ersetzt werden sollen. An diesen hätte man dann alle Schulabschlüsse bis zum Abitur erreichen können. An Gymnasien nach zwölf Schuljahren, an Stadtteilschulen erst nach 13 Jahren.
Die Entscheidung in Hamburg hat auch Auswirkungen auf die österreichische Debatte, wo die Einführung der Gesamtschule von der ÖVP abhängt. Für die Befürworter rund um Wissenschaftsministerin Beatrix Karl ist das Ergebnis ein Dämpfer. Parteichef Josef Pröll hat offenbar kein gutes Gefühl bei der Sache. Von der SPÖ ist eine Abkehr von der eingeschlagenen bildungspolitischen Linie Richtung Gleichmacherei aus ideologischen Gründen ohnehin nicht zu erwarten.
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