Am 24. 1. tagten, wie jedes Jahr, Vertreter namhafter österreichischer Unternehmen im Dachgeschoss der Urania, um über die neuesten Entwicklungen im Bereich des Internet-Rechts zu diskutieren. Thema der diesjährigen Konferenz war der in letzter Zeit großzügig – und meist populistisch – benutzte Begriff Netzneutralität. Experten aus Forschung und Wirtschaft legten die verschiedensten Standpunkte zu einer Diskussion dar, wie die Entwicklung des österreichischen Netzgebrauches in den nächsten Jahren vonstatten gehen mag.
Geht es um die Netzneutralität, also um die gleiche Behandlung aller Dateninhalte des Internet, werden schnell skeptische Stimmen laut: Von Zensur und Meinungskontrolle ist die Rede – wer dem Internet nicht freien Lauf lässt, fällt schnell dem Vorwurf der Menschenrechtsverletzung zum Opfer. Doch die Freiheit der Informationen steht nicht in direktem Widerspruch zu eine Reihe zukünftig notwendiger Aktionen, die gesammelt als Netzwerk-Management bezeichnet werden.
Foto: Joseph Cote/flickr.com
Der Internettraffic, so aktuelle Studien, verdoppelt sich alle 8 Monate. Jahr für Jahr haben die Betreiber mit immer größeren Datenmengen zu kämpfen – und die Tatsache, dass nur ein Bruchteil der österreichischen Nutzer an ein hochleistungsfähiges Glasfasernetz angeschlossen ist, stellt ein schweres Problem für die Erweiterbarkeit der Infrastruktur dar. Doch nicht nur durch physikalische Maßnahmen lässt sich der Internetgebrauch in akzeptabler Geschwindigkeit durch die Leitungen zustellen: Würden die Datenpakete nach ihrer Art und Dringlichkeit sortiert und dementsprechend mehr oder weniger priorisiert zugestellt werden, so wäre – besonders in Spitzenzeiten – die Überlastung des Netzes ein wenig gelindert.
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Doch die Inspizierung von Datenpaketen stellt einen Eingriff in das Kommunikationsgeheimnis dar: Da die Nutzer nicht gegen ihren Willen von Betreibern kontrolliert werden sollten, liegt die Idee nahe, die höhere Internetleistung erkaufen zu können: Die notwendigen Priorisierungen würden so vom Kunden direkt bezahlt.
Foto: ukaszSie/flickr.com
Bis jetzt gibt es EU-weit noch keine Regelung, die sich mit Netzwerk-Management befasst, also diese erzwingen oder verbieten würde. Im Gegensatz dazu wurde in den USA knapper Mehrheit ein Gesetz zur Einhaultung der Netzneutralität beschlossen – der Kompromiss, der dabei entstanden ist, stellt jedoch keine der Parteien zufrieden: Außer der Forderung nach durchgehender Transparenz aller den Datenfluss beeinflussenden Maßnahmen bezieht sich der Schutz der Netzneutralität auf "vernünftige" bzw. "vertretbare" Eingriffe. Das ohnehin schon so vage wie sensible Thema hat also keine nennenswerte Konkretisierung erfahren.
Transparenz bedarf keiner staatlichen Eingriffe
So sind auch die Teilnehmer der e-center-Konferenz der Meinung, dass nur die Transparenz gesetzlich erzwungen werden sollte: Dies betrifft die Offenlegung aller Eingriffe in den Datenfluss (und deren Hintergrund) sowie die Klarheit der verschiedenen Tarife, die von den Betreibern angeboten werden. Über die verschiedenen Angebote, so der Konsens, kann das Netzwerkmanagement also vom Markt und nicht von Gesetzen geregelt und durchgesetzt werden.
Beispiele für eine Priorisierung des Datenverkehrs sind Tarifklassen, die bei niedrigerem Preis nur eine beschränkte Reihe von Internet-Angeboten zulassen: Erst wenn man durch zunehmende Gebühren die Tarifleiter hinaufklettert, stehen dem Nutzr datenintensive Dienste wie Youtube-Videos oder andere Streaming-Seiten zur Verfügung. Doch auch Modelle, deren Abrechnung sich nach der garantierten Downloadgeschwindigkeit richten, wurden überlegt.