Immer wenn den seit 1945 mit kurzen Unterbrechungen regierenden Parteien SPÖ und ÖVP bei Wahlen Konkurrenz und Machtverlust drohen, wird über „Systemveränderungen“ diskutiert. Die Mächtigen fühlen sich von den Wählerinnen und Wählern gestört und wollen den Wählerwillen möglichst kontrollieren und kanalisieren. Da holt man sich auch schon mal Stichwortgeber aus der Wissenschaft, oder wie in den letzten Tagen aus der Jungen Industrie. Von der Verlängerung der Legislaturperioden über die Verkleinerung der Landtage und des Nationalrates bis hin zu einem Superwahlsonntag und der Einführung eines Mehrheitswahlrechtes reichen die Vorschläge. Ziel bleibt, potentielle Konkurrenz zu verhindern.
Verlängerung der Legislaturperiode
Foto: Gnal / flickr
Immer wieder wird eine Verlängerung der einzelnen Legislaturperioden bei Nationalrat, Landtagen und Gemeinderäten diskutiert. Beim Nationalrat hat man dies bereits umgesetzt, was uns nunmehr eine Legislaturperiode bis Oktober 2013 beschert, die von Reformunwillen und Untätigkeit auf Seiten der Regierungskoalition geprägt ist. Ziel war schon bei der Einführung dieser „Wahlrechtsreform“, das Ableben der großen Koalition hinauszuschieben.
Verkleinerung der Landtage und des Nationalrats
Auch die Verkleinerung von Landtagen und des Nationalrates klingt auf den ersten Blick verlockend, wenn man sich mögliche finanzielle Einsparungen erhofft. Allein, eine Verkleinerung vermindert die Chance, dass Oppositionsgruppen sich überhaupt in einer relevanten Stärke konstituieren können. So war die FPÖ bis zur Wahlrechtsreform 1970/71 immer ein „Grenzfall“, da bei jeder Wahl von einem Scheitern beim Einzug in den Nationalrat bedroht. Erst die durch Bruno Kreisky (SPÖ) und Friedrich Peter (FPÖ) paktierte Reform sicherte die FPÖ als Opposition bis heute dauerhaft ab.
Superwahlsonntage und Mehrheitswahlrecht
Auch Superwahlsonntage sind aus demokratiepolitischen Gründen mit Vorsicht zu genießen, erschweren sie doch, dass der Wähler – auf die jeweilige Gebietskörperschaftsebene bezogen – differenziert wählen können. Alles einer ausschließlich bundespolitischen Entscheidungsgrundlage unterzuordnen, widerspricht dem bundesstaatlichen Aufbau der Republik Österreich jedenfalls.
Das Mehrheitswahlrecht fördert die Bildung von zwei Blöcken, und verhindert die Ausbildung weiterer Alternativen in einem politischen System, was zu einer Verengung des zur Verfügung stehenden Entwicklungspotentials führt. Darüber hinaus legt es auch Verfassungsentscheidungen ausschließlich in die Machtdisposition der größeren Parteien, was vor allem im Hinblick auf die demokratische Mitbestimmung des Volkes bedenklich erscheint. Dass bei diesen „Reformen“ sogar die Grünen mitmachen wollen, zeigt wieder einmal, wie abgehoben diese Partei bereits ist.