Die Ukraine feiert 20 Jahre Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Aus diesem Anlass besuchte Botschafter Andrii Bereznyi am Mittwoch, 12. Oktober, das Parlament und hielt auf Einladung des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) einen Vortrag über sein Land. Die Ukraine war zuletzt durch das Urteil gegen die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko in die Schlagzeilen geraten. EU-Politiker, darunter auch Österreichs Außenminister Spindelegger, hatten die fehlende Rechtsstaatlichkeit kritisiert: „Das war kein faires, kein rechtsstaatliches Verfahren“, sagte Spindelegger.
Foto: Unzensuriert.at
Botschafter Bereznyi nahm in seinem Vortrag zu den Vorwürfen und zum Verfahren gegen Timoschenko Stellung und legte einige Fakten dar, die in der Berichterstattung hierzulande wenige bis gar keine Beachtung finden:
Timoschenko hatte demnach zum Zeitpunkt der Gas-Verhandlungen private Schulden gegenüber der russischen Regierung in Höhe von mehreren Millionen Dollar, die aus ihrer Zeit als Präsidentin und Eigentümerin der Unternehmens „Einheitliche Energetische Systeme der Ukraine“ stammen. Dieses Unternehmen schloss ein Geschäft mit russischem Verteidigungsressort ab, bei dem von Timoschenko an russische Partner Schmiergelder geflossen sein sollen. Sie erhielt dabei Verfügungsgewalt über Erdgaskontingente in einem Gesamtwert von 400 Millionen Dollar, verkaufte dieses Erdgas an ukrainische Verbraucher, ohne Steuern dafür zu zahlen, und transferierte die Einnahmen aus diesem Geschäft ins Ausland.
gegen die ehemalige ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko.
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Die Ermittlungsbehörden verfügen darüber hinaus über Dokumente, so Bereznyi, aus denen hervorgehe, dass vom Unternehmen Somali Enterprises 1995- 1996 auf privates Konto von Timoschenko Geldbeträge überwiesen wurden, die in einer Höhe von einer Million Dollar für private Hotelrechnungen, Restaurantbesuche und Einkäufe ausgegeben wurden.
Der Prozess gegen Timoschenko sei nur ein Mosaikstein in der Bekämpfung der Korruption, der sich sein Land verstärkt widme: „Im Unterschied zu früheren Zeiten, als hohe Amtsträger in der Ukraine faktisch gegen gerichtliche Verfahren Immunität besaßen, wird heute generell gegen Korruption vorgegangen ohne Ansehen der Amtsstellung und der politischen Zugehörigkeit. Gegen amtierende Vertreter unterschiedlicher Verwaltungsebenen laufen 400 Gerichtsverfahren.“
Ukraine will trotz Kritik der EU beitreten
Bereznyis Worte und die von ihm präsentierten Anschuldigungen gegen Timoschenko entlarven die Selbstgerechtigkeit der EU-Politiker, die auf Grund eines einzelnen Prozesses ein Urteil über Justiz und Rechtsstaatlichkeit der Ukraine sprechen. In Österreich sind es meist dieselben Politiker, die Missfallenskundgebungen zum Urteil im Prozess gegen den Politiker Uwe Scheuch vor kurzem heftig kritisierten. Die Ukraine will dennoch ihren Weg in die EU suchen. „Es ist unser Hauptanliegen, der Ukraine einen würdigen Platz unter Mitgliedern der Europäischen Union zu sichern“, sagte der Botschafter. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, Obmann der interparlamentarischen Freundschaftsgruppe zwischen Österreich und der Ukraine, begrüßte diese Annäherung. Die Ukraine gehöre zum christlichen Abendland, daher müsse für sie in der EU Platz sein, ganz im Gegensatz zur asiatischen Türkei.