Bisher war der Weg in der Österreichischen Volkspartei umgekehrt. Ehemalige ÖVP Politiker wurden Lobbyisten. Dafür stehen etwa die Namen Christoph Zernatto, Ernst Strasser, Franz Fischler oder Willi Molterer. Mit der jüngsten Entscheidung der Wiener ÖVP beschreitet man nun den umgekehrten Weg. Mit der Neo-Mandatarin Karin Holdhaus wird eine Lobbyistin und ehemalige enge Vertraute des umstrittenen Ex-ÖVP-Innenministers Ernst Strasser nun ÖVP-Landtagsabgeordnete in Wien.
Innerparteilicher Konflikt um das Mandat für Holdhaus
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Laut einer Mitteilung der Tageszeitung Die Presse vom 14. Oktober 2011 führt die Bestellung von Karin Holdhaus zur ÖVP-Landtagsabgeordneten in Wien zu neuerlichen heftigen Konflikten in der Wiener Landespartei. Bisher war die derzeitige geschäftsführende Parteiobfrau Gabriele Tamandl davon ausgegangen, dass Holdhaus aus aktuellem Anlass auf das Mandat verzichtet. Wegen der Korruptionsvorwürfe gegen ihren ehemaligen Chef Ernst Strasser zeigt ein Nachrücken von Holdhaus derzeit zumindest politisch schlechte Optik. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass im Zuge der Durchleuchtung von Strasser Umfeld durch die Strafbehörden und den parlamentarischen Untersuchungsausschuss auch der ehemalige Mitarbeiterstab mit neuen Vorwürfen konfrontiert werden könnte.
Holdhaus war bisher Publico-Angestellte und Tabaklobbyistin
Das Mandat soll Holdhaus der ehemalige Kabinettschef Christoph Ulmer in der Wiener ÖVP verschafft haben. Dieser war Berater der vormaligen glücklosen Wiener Parteiobfrau Christine Marek im Wahlkampf 2010. Nach ihrer Tätigkeit als Pressesprecherin von Ernst Strasser bis 2004 im Innenministerium wechselte Holdhaus zur ÖVP-nahen Agentur Publico als Beraterin. 2006 wurde sie für Lobbying und PR in die Österreichzentrale des Tabakkonzerns Britisch American Tobacco geholt, eine Position die sie bis heute ausübt. Als Tabaklobbyistin soll sie in der Vergangenheit immer wieder auf die politisch Verantwortlichen in den zuständigen Bundesministerien für Finanzen und Gesundheitswesen eingewirkt haben und dazu auch ihre politischen Kontakte intensiv genutzt haben.
Strassers Kabinettsmitarbeiter im strafrechtlichen Fokus
In der ÖVP herrscht nicht zuletzt wegen des kommenden Untersuchungsausschusses einigermaßen Verstörung über die Karrieren des ehemaligen StrasserBüros. Während der ehemalige Strasser Mitarbeiter Michael Kloibmüller als Kabinettschef der amtierenden Innenministerin Mikl-Leitner derzeit im Fokus von Ermittlungen steht, gibt es auch um Ex-Kabinettschef Christoph Ulmer und den ehemaligen Stellvertreter Bernhard Krumpl oder um Wolfgang Gattringer wegen des Tetron-Projekts Ermittlungen. Für alle gilt die Unschuldsvermutung. Ein besonderes Schmankerl ist jedoch, dass Ulmer seit dem Amtsantritt von Kloibmüller einen dubiosen Beratervertrag mit dem Innenministerium hat, im Rahmen dessen ihm offenbar auch Amtsgeheimnisse offengelegt werden können.